Das Bundesamt für Statistik hat heute seine Untersuchung zu den Lohnabschlüssen 2020 für dieses Jahr veröffentlicht. Am stärksten sind die Löhne mit 0.8 Prozent im Gesundheits- und Sozialwesen gestiegen. Praktisch kaum verändert haben sich die Löhne im verarbeitenden Gewerbe, in der öffentlichen Verwaltung sowie dem Baugewerbe.
Baubranche: Erhöhung im nächsten Jahr?
Bei letzterem mag das etwas erstaunen, da trotz Pandemie viel gebaut wird. Für Arbeitnehmende der Baubranche aber Anlass genug, nun mehr generelle Lohnerhöhungen zu fordern. Doch Bernhard Salzmann, stellvertretender Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbandes sagt: «Wir sehen keinen Spielraum für generelle Lohnerhöhungen.» Obwohl man habe durcharbeiten können, sei die Bautätigkeit noch immer belastet. Ausserdem gebe es derzeit viele Unsicherheiten, zum Beispiel aufgrund hoher Preise für Baumaterial.
Seit mehreren Jahren hatten wir praktisch keine Lohnerhöhungen mehr.
Der Polier Pasquale Perna, der seit vierzig Jahren auf dem Bau arbeitet, lässt das nicht gelten. «Seit mehreren Jahren hatten wir praktisch keine Lohnerhöhungen mehr.» Hinzukomme noch die Teuerung, sowie höhere Ausgaben zum Beispiel bei den Krankenkassen.
Tatsächlich wird die Teuerung heuer auf 0.5 Prozent prognostiziert. Bliebe es dabei, würden die Reallöhne – also die Löhne unter Einbezug der Inflation – dieses Jahr im Schnitt um 0.1 Prozent sinken. Wäre da eine Anpassung nicht gerechtfertigt? Bernhard Salzmann relativiert: «Letztes Jahr hat sich die Teuerung gerade in die andere Richtung entwickelt und wir haben dies nicht auf die Löhne angepasst. So gesehen gleicht es sich in diesem Jahr wieder aus.»
Vor allem individuelle Lohnerhöhungen
Laut Salzmann setze man lieber auf individuelle Lohnerhöhungen – also nicht solche, die durch Gesamtarbeitsverträge festgelegt werden. Dadurch könne man individuelle Leistungen honorieren. Das sei wichtig, um Fachkräfte zu halten. Offenbar sahen dies viele Arbeitgeber gleich: Drei Viertel der Lohnerhöhungen aller Branchen in diesem Jahr wurden individuell zugesichert und nur ein Viertel allgemein. Im Jahr 2020 war dies noch je die Hälfte.
Letztes Jahr hat sich die Teuerung gerade in die andere Richtung entwickelt und wir haben dies nicht auf die Löhne angepasst. So gesehen gleicht es sich in diesem Jahr wieder aus.
«Das Bauhauptgewerbe zahlt nach wie vor die besten Handwerkerlöhne», schreibt der Baumeisterverband in einer Medienmitteilung. Und dies, obwohl der Druck steige, zum Beispiel von benachbarten Branchen, die deutlich tiefere Löhne zahlten und vermehrt ähnliche Arbeiten ausführten. Tatsächlich bewegen sich die durchschnittlichen Löhne zwischen rund 4'920 Franken (Minimallohn) und rund 7'820 Franken (Poliere und Werkmeister). Individuelle Lohnerhöhungen würden die Anreize erhöhen für Aus- und Weiterbildungen.
«Harzige Lohnrunden»
Pasquale Perna hätte lieber für alle Arbeitnehmenden in der Baubranche eine Lohnerhöhung: «In der Schweiz laufen doch die meisten Geschäfte gut – wenn ein Geschäft nicht gut laufen würde, hätte es schon lange zu.»
Im Baugewerbe wird um die Löhne 2022 noch gerungen, es steht eine dritte Lohnrunde an. Laut Schweizerischem Gewerkschaftsbund laufen die diesjährigen Lohnverhandlungen insgesamt ziemlich «harzig».