Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu. Zeit für erste Bilanzen. Lohnmässig war es für viele Arbeitnehmende in den letzten Jahren ja nicht so toll. Zum Einen gabs nur bescheidene Lohnerhöhungen – die von Inflation und steigenden Krankenkassenprämien weggefressen wurden.
Nun zeigt eine erste Auswertung der bereits abgeschlossenen Lohnverhandlungen der Gesamtarbeitsverträge GAV, die SRF exklusiv vorliegt: Es könnte endlich wieder aufwärts gehen, das Portemmonaie etwas voller werden.
Steigerung der Nominallöhne
Zum Beispiel auf dem Bau. Der Landesmantelvertrag sieht für 2020 Lohnerhöhungen im Bauhauptgewerbe von generell 80 Franken. Auch Gleisbauer erhalten diesen Betrag.
Ebenso die Metallbauer und die Gebäudetechnik-Branche. In diesen Branchen sieht der Abschluss individuelle Lohnerhöhungen von je 1 Prozent vor. Auch der Bund gewährt seinen Angestellten eine generelle Lohnerhöhung von 1 Prozent. Ganz besonders freuen dürfen sich auch die Beschäftigten in der Textil- und Bekleidungsindustrie. Hier steigt der Mindestlohn um 2 bis 2.9 Prozent.
Angestellte in Sicherheitsdienstleistungs-Bereich profitieren von bis zu einem Prozent mehr Lohn, abhängig von den Dienstjahren. Und auch Beschäftigte, die über einen Personaldienstleister vermittelt werden können sich auf Lohnerhöhungen zwischen 1.3 und 2.2 Prozent einstellen.
Gewerkschaftsbund nicht zufrieden
Zahlreiche weitere Abschlüsse stehen noch bevor. Doch der Schweizerische Gewerkschaftsbund ist mit den ersten Ergebnissen der Lohnverhandlungen nicht ganz zufrieden. Chefökonom Daniel Lampart: «Wir sind halb zufrieden mit den Lohnabschlüssen. Es gibt gute. Die tiefen Löhne in der Textilindustrie, die endlich angehoben wurden. Aber wir haben auch Firmen im Detailhandel wie Coop, die mehr hätten geben können.»
Den Gewerkschaften bereitet zudem eine andere Entwicklung bei den Lohnverhandlungen Sorgen. Es habe dieses Jahr viel mehr individuelle Lohnerhöhungen gegeben. Das sei problematisch, denn damit würden oft diejenigen mehr Lohn erhalten, die schon mehr Lohn hätten. Zudem meint Lampart, dass «die Frauen auch etwas zu kurz kommen, wenn es nur individuelle erhöht wird».
Individuelle Erhöhungen bevorzugt
Für den Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, Roland A. Müller, ist hingegen klar: «Generelle Lohnerhöhungen werden nach Giesskanne ausgerichtet.» Jeder erhalte gleich viel. Der Arbeitgeberverband vertrete jedoch die Ansicht, dass individuelle Lohnerhöhungen fairer seien. Denn derjenige, der mehr leistet, soll auch einen höheren Lohn erhalten.
Ob individuelle oder generelle Lohnerhöhung: weil für nächstes Jahr nur eine tiefe Teuerung erwartet wird und weil die Krankenkassen-Prämien im Durchschnitt nur um 0.2 Prozent steigen, dürften viele Arbeitnehmende nächstes Jahr ein wenig mehr Geld im Portemonnaie haben.