Es war der 29. September 2020. Die Swiss verkündete den Rücktritt ihres CEO Thomas Klühr. Für viele Branchenbeobachter kam das überraschend. Weitaus grösser war dann die Überraschung zwei Monate später. Der belgisch-schweizerische Doppelbürger Dieter Vranckx wird der neue Chef im Swiss-Cockpit.
Vranckx ist im Lufthansa-Konzern kein Unbekannter. Während 13 Jahren war er für die Swissair und die Swiss tätig. Ausserdem sammelte er zuletzt als CEO von Brussels Airlines erste Erfahrungen an der Spitze einer Airline. Und das mitten in der Coronakrise.
Die Probleme sind weitaus globaler und das könnte für den neuen Chef zu einer grossen Herausforderung werden.
Die Swiss aus der Krise steuern, das ist seit dem 1. Januar die neue Aufgabe des 47-Jährigen mit Wohnsitz in Zürich. Neu sind die Herausforderungen der Pandemie auf die Airline-Branche für Vranckx nicht, aber sie sind nun um einiges grösser. «Sie sind weitaus globaler und das könnte für den neuen Chef zu einer grossen Herausforderung werden», sagt Andreas Wittmer, Aviatik-Experte an der Universität St. Gallen.
Preiserhöhungen in der Economy-Klasse
Vranckx wird sich auch um die ausbleibenden Einnahmen aus der Businessklasse kümmern müssen. Denn rund 40 Prozent der Passagiereinnahmen der Swiss gingen auf das Konto der Reisenden, die geschäftlich unterwegs waren. Um das auszugleichen, wird es gemäss Wittmer Preiserhöhungen in der Economy-Klasse brauchen.
Das ist aber noch nicht alles. Die Swiss ist mit ihren knapp 10'000 Mitarbeitern eine bedeutende Arbeitgeberin. Und viele der Mitarbeitenden plagen aktuell Existenzängste. Nicht zu Unrecht, denn Vranckx zeigte im Frühjahr letzten Jahres in Brüssel, wie es gehen könnte. Ein Viertel der 4000 Stellen sollen eingespart werden, nur so könne man das Überleben der Airline sicherstellen, sagte er.
Pilotenverband fordert Teilzeit-Modelle
Jetzt stellt sich die Frage: Droht das auch bei der Swiss? Die aktuelle Situation lässt nichts Gutes erahnen, auch wenn der letzte Tag des vergangenen Jahres für die Piloten und seinen Personalverband Aeropers erfreulich war. Denn die Swiss erweiterte die Kurzarbeitsentschädigung für ihre Piloten. Auf rund 12'000 Franken monatlich.
Aeorpers drängt zudem auf flexiblere Teilzeit-Modelle, wie es sie auch bei Lufthansa gibt. Aeropers-Vorstand Thomas Steffen sagt: «Das Personal soll mehr bestimmen können, wann es frei hat und wann es arbeitet.» Heute sei es so, dass die Piloten kurz vor Monatsende erfahren, wann sie arbeiten und wann nicht.
Steuert Vranckx die Swiss aus der Krise?
Kann der neue Chef diesen Erwartungen gerecht werden? Im Gespräch mit den Personalverbänden fällt vor allem eines auf: Kaum einer kannte ihn vorher. Und praktisch niemand konnte bisher mit ihm reden. Sind das gute Voraussetzungen, um die Swiss aus dieser Krise hinauszusteuern?
Der Aviatik-Experte sagt: «Vranckx ist ein erfahrener Airline-Manager. Er kann die Swiss wieder auf Kurs bringen.» Trotz Zuversicht ist die Situation für die Branche enorm schwierig. Die Impfstoffe wecken zwar Hoffnungen, doch planen kann im Moment niemand. Auch nicht Dieter Vranckx.