Das Wichtigste in Kürze
- Der Luxusgüterkonzern Richemont, zu dem Marken wie Cartier oder IWC gehören, hat im letzten Geschäftsjahr weniger Schmuck und Uhren verkauft.
- Das hat auch mit dem Internet zu tun: Richemont hat, wie so viele andere Unternehmen in der Branche, das Potenzial des Online-Markts unterschätzt.
- Doch langsam entdecken auch sie die Möglichkeiten. In wenigen Jahren soll ein Fünftel des Umsatzes Online erwirtschaftet werden.
Nur 6 bis 7 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet die Branche der teuren Handtaschen, Foulards und des edlen Schmucks über Online-Verkäufe. Bei Schweizer Luxusuhren sei der Anteil sogar noch geringer, schätzen Experten.
Das liege zum Teil an der meist etwas älteren Kundschaft, meint Alexander Thiel, Luxusgüter-Experte und Partner beim Beratungsunternehmen McKinsey: «Wenn wir das Beispiel Uhren nehmen, so ist es oft so, dass ich die Uhr am Handgelenk spüren will. Ich will sie sehen, bevor ich das Geld auf den Tisch lege.»
Konkurrenten wie Amazon schlafen nicht
Die diamantbestückte Automatikuhr, in 18 Karat Gold mit Perlmuttzifferblatt, will der Kunde zuerst fühlen, und sie nicht einfach in den Warenkorb klicken. Und: «Wenn ich eine Luxusuhr oder einen Diamantring für mehrere 1000 Franken im Netz kaufe, ist es wichtig, dass ich Vertrauen habe, dass das Produkt echt ist.»
Schuld seien aber nicht nur die Kunden. Die Luxusgüter-Produzenten hätten den Online-Trend total verschlafen, wie der Experte diplomatisch sagt. «Ich glaube, dass die gesamte Industrie einen Aufholbedarf hat und aufpassen muss, dass sie den Zug nicht verpasst.» Denn die grossen Handelsplattformen wie der Onlinehändler Amazon stehen bereit, um in diesen Markt einzudringen.
Onlinehandel muss Mehrwert bieten
Deshalb die Empfehlung des Unternehmensberaters an die Luxusgüter-Marken: «Wenn es mir als Luxusuhrenmarke gelingt, ein Uhrenmodell im physischen Shop anzubieten, dann aber zum Beispiel über einen iPad Personalisierungsoptionen darstelle und so digitale mit physischer Welt verknüpfe, dann schaffe ich einen Mehrwert, den ein Mitspieler wie Amazon nicht so einfach bieten kann.»
Es reicht also nicht, einfach seine Standardkollektion Online zu verkaufen. Und tatsächlich: Es gibt erste Versuche. So hat Omega im Januar eine kleine Spezial-Serie ausschliesslich übers Internet angeboten. Diese war nach wenigen Stunden ausverkauft. Richemont hat in einen Online-Marktplatz investiert, der lediglich Luxusgüter verkauft und stark wächst. Auch Thiel sieht erste Erfolge.
Erst die Kleidung, dann die Eheringe
In den USA haben zum Beispiel die Onlineverkäufe von Eheringen deutlich zugelegt, so der Experte: «Aber erst in dem Moment, als die Angebote deutlich differenzierter und sophistizierter wurden, etwa die Möglichkeit, die Ringe in 3D zu sehen, und ein vertrauenswürdiges Zertifizierungsverfahren dahinter stand.»
So etwas sei auch bei edlen Kleidern, schicken Handtaschen und teuren Uhren möglich. Bei McKinsey rechnet man deshalb damit, dass bis 2025 rund ein Fünftel des Luxus-Umsatzes Online erwirtschaftet wird. «Dies wird für Kleidung deutlich schneller passieren als für Uhren oder Schmuck.» Der allgemeine Trend hält also auch in dieser Branche Einzug – wenn auch mit etwas Verzögerung.