Irmtraut Tonndorf steht unter Druck. Wegen der Baustellen auf der Rheintalbahn waren die Güterzüge der Hupac von Rotterdam nach Mailand diesen Monat wiederholt verspätet, erklärt die Sprecherin des Schweizer Bahnlogistikers. «Im Güterverkehr kommt ja nicht mal ein Zug zu spät, sondern es kommen dann viele Züge zu spät.»
Dies könne bis hin zu Ausfällen gehen, die zu Verstopfungen auf den Terminals und Strecken gehen würden. «Dann können ganze Logistikketten zusammenfallen.» Zwar seien während der Bauarbeiten Umfahrungen definiert worden. Doch diese seien nicht für grosse Zugkompositionen tauglich oder wegen grosser Umwege teurer und teilweise – zum Beispiel via Brenner – ebenfalls wegen Bauarbeiten gesperrt.
Damit nicht genug: Auf der zweiten Nord-Südachse von Stuttgart nach Zürich gab es ebenfalls Baustellen. «Wir können nicht hinnehmen, dass an Strecken, die füreinander Ausweichstrecken sind, gleichzeitig gebaut wird», so Tonndorf.
Besserung versprochen
Grosse Verspätungen würden Spediteure dazu verleiten, der Bahn den Rücken zu kehren. Nach den grossen Problemen im Güterverkehr durch die Baustelle Rastatt vor vier Jahren hätten die betroffenen Länder deshalb entlang dieser wichtigen Bahnachse Besserung versprochen.
Von mehr Koordination von Baustellen merke sie nichts, kritisiert Tonndorf. «Es liegt auf der Hand, dass man die Baustellen koordiniert, das ist nichts Schwieriges und es ist so entschieden worden. Ich frage mich nur, wo die Umsetzung ist.»
Die nächsten Einschränkungen stehen Ende Monat an. Und in den nächsten Jahren soll die Rheintalbahn gar einen ganzen Monat lang gesperrt sein. Die Branche wiederholt deshalb eine alte Forderung: Die Bahnstrecke auf der westlichen Seite des Rheins auf französischem Boden soll für Güterzüge ausgebaut werden, als Alternativroute, analog zu den zwei Schweizer Neat-Tunnel.
Auf viele Akteure angewiesen
Beim Bund hat man Verständnis für den Ärger der Bahngüterbranche. Nach Rastatt habe man sich auf eine bessere Koordination verständigt, sagt Andreas Windlinger vom Bundesamt für Verkehr. «Alle sind sich einig, dass die Situation verbessert werden muss. Wenn gebaut wird, müssen die Baustellen gut koordiniert werden und es muss Umleitungsmöglichkeiten geben.»
Doch er räumt ein, dass nicht alles rund laufe. «Wir sind auf die Kooperation und den Goodwill verschiedener Akteure auch im Ausland angewiesen. Es sind nicht nur Behördenvertreter, sondern es sind auch Vertreter von Bahnen und Bahninfrastrukturgesellschaften.»
Wir sind auf die Kooperation und den Goodwill verschiedener Akteure auch im Ausland angewiesen.
Auch Deutschland habe den Ausbau unterschätzt. Wegen Einsprachen gibt es grosse Verzögerungen. Windlinger rechnet auch nicht damit, dass die Bahntrassen auf der französischen Seite des Rheins nun schnell ausgebaut werden. «Ganz so simpel geht das leider nicht, aber wir versuchen, Einfluss zu nehmen, dass dort eine neue Möglichkeit entsteht.»
Die Schweiz könne zwar keinen Druck ausüben, aber mit gutem Beispiel vorangehen. So stosse der Taktfahrplan für Güterzüge im Ausland auf grosses Interesse. Und die Klimapolitik werde dazu beitragen, dass der Ausbau des Schienennetzes in Europa vorangetrieben werde.
Ausschlag für Verbesserung?
Tonndorf befürchtet jedoch, dass gerade die gewollte Umlagerung von Gütern auf die Bahn wegen der derzeitigen Probleme ins Stocken gerät. «Wir hoffen sehr, dass dieses Beispiel einer schwierigen Baustellensituation einen Ausschlag für eine Verbesserung für all die Baustellen, die uns noch erwarten, geben kann.» Der Ausbau der deutschen Rheintalbahn soll bis 2040 abgeschlossen sein.