Wer bei Coop oder Migros einkauft, findet sich am Anfang immer in der Früchte- und Gemüseabteilung wieder. Kurz danach kommt meistens schon die Fleisch- und Fischtheke. Zumeist sind hier Bio-Produkte deutlich teurer als vergleichbare Produkte. Doch wer meint, dass der höhere Preis auch zu höheren Anteilen bei Produzenten – also den Bauern – führt, irrt.
Gemäss der neusten Ausgabe der Preisstudie der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) im Auftrag des Vereins Faire Märkte Schweiz, erhalten Bio-Bauern im Durchschnitt 34 Prozent des Ladenpreises. Das bedeutet: pro ausgegebenen Franken im Laden erhalten die Bauern 34 Rappen. Bei konventionellen Produkten liegt dieser Wert bei 42 Prozent, also fast 10 Prozent höher.
Bio-Bauer Sepp Sennhauser macht die marktbeherrschende Stellung der Grossverteiler Migros und Coop für diesen Missstand verantwortlich: «Uns hat man vorher einfach gesagt, wenn die beiden Grossen gehen, dann können wir nirgends hin. Die haben das wirklich wie ausgespielt.»
Preisschere geht immer weiter auseinander
Dass Bio-Bauern bei ihren Anteilen am Verkaufspreis benachteiligt werden, ist für Stefan Flückiger, Präsident Faire Märkte Schweiz, nichts Neues. Es sei aber besorgniserregend, dass die Benachteiligung vereinzelt sogar noch zugenommen habe: «Die Preisschere zwischen dem Verkaufspreis im Laden und dem Produzentenpreis ist weiter aufgegangen und bei Bio-Produkten doppelt so gross wie bei konventionellen Produkten.»
Wenn die beiden Grossen gehen, dann können wir nirgends hin. Die haben das wirklich wie ausgespielt.
Im Vergleich zur letzten Erhebung im Frühling lassen sich im dritten Quartal bei den Fleischpreisen grössere Veränderungen feststellen. Besonders die Preisdifferenz zwischen dem Preis von Bio-Rindshackfleisch im Laden und dem Produzentenpreis ist neu doppelt so gross wie die Differenz bei konventionellem Rindshackfleisch.
Grund für die grossen Preisdifferenzen sind auch die stark gesunkenen Verkaufspreise für konventionelles Fleisch bei Migros und Coop. Dazu gedrängt wurden die beiden Grossverteiler nicht zuletzt aufgrund der offensiven Verkaufsstrategien der Discounter Aldi und Lidl.
Discounter verhelfen Bauern zu höheren Profiten
Gemäss Studie verdienen Bauern bei Discountern über das ganze Sortiment hinweg rund 13 Prozent mehr als bei Coop und Migros. Im Extremfall kann der Preisunterschied aber auch mehr als 20 Rappen pro Konsumentenfranken betragen, wie das Beispiel Bio-Weissmehl zeigt: Bei Aldi und Lidl erhalten Produzenten 54 Prozent des Ladenpreises, bei Coop und Migros lediglich 34 Prozent.
Aldi betont, dass die niedrigen Verkaufspreise keinen Einfluss auf die ausbezahlten Produzentenpreise haben. Stefan Flückiger freut den zusätzlichen Wettbewerb, hofft aber auch, dass die Discounter Wort halten: «Problematisch ist es, wenn marktmächtige Unternehmungen im Spiel sind. Diese haben die Möglichkeit, die Preise nach unten zu drücken.»
Die Benachteiligung der Bio-Bauern stört auch David Herrmann von Bio Suisse, denn Bio-Produkte bieten aus ihrer Sicht einen klaren Mehrwert für Mensch, Tier und Umwelt. Das Problem bei Preisverhandlungen sei aber, dass Bio Suisse nicht wisse, wie die Detailhändler ihre Preise zusammensetzen.
Migros, Coop, Aldi und Lidl bestreiten die Vorwürfe. Ihre Preise und Margen für Bio-Produkte seien fair und auch nicht höher als bei konventionellen Produkten. Keines der Unternehmen ist aber bereit, diese offenzulegen.