Unternehmen, die aufgrund der Corona-Pandemie leiden oder gar schliessen müssen, können Kredite zinslos oder zu tiefen Zinsen aufnehmen. Der Bund bürgt grösstenteils für diese Kredite, die Schweizer Banken unkompliziert vergeben.
Ökonomen der Universität Zürich fordern jetzt mehr:
- Der Staat soll fixe Kosten von Unternehmen übernehmen, bei kleineren gar für die Lebenshaltungskosten der Unternehmer aufkommen.
- Auch Kurzarbeit soll der Staat finanzieren, nicht die Arbeitslosenversicherung.
- Mit der Herausgabe von Bundesobligationen sollen die Massnahmen finanziert werden.
Mit-Autor David Dorn ist Wirtschaftsprofessor für Globalisierung und Arbeitsmarkt an der Universität Zürich. Im Interview macht er deutlich, weshalb es mehr braucht als günstige Kredite.
SRF News: Wie sehen sie die Entscheide des Bundesrats in der Coronakrise?
David Dorn: In der kurzen Frist hat der Staat richtig entschieden, indem er den Unternehmen Notkredite zur Verfügung gestellt hat, mit denen Fixkosten gedeckt werden können. Wir müssen uns aber im Klaren sein: Mit solchen Krediten kann man eine kurze Phase von Einkommensausfällen überbrücken. Wenn aber in gewissen Branchen diese Einschränkungen länger anhalten, muss man damit rechnen, dass diese Unternehmen nur dann am Leben gehalten werden können, wenn ein Teil der gesprochenen Darlehen nicht zurückbezahlt werden muss.
Führt das nicht zu Ungerechtigkeiten, wenn die einen zurückzahlen müssen und die anderen nicht?
Es muss Anreize geben, damit die Unternehmen versuchen, auch in der schwierigen Lage, in der sie sind, möglichst gut zu wirtschaften, Kosten zu vermeiden. Deshalb ist es angezeigt, dass die Unternehmen einen Teil der Kosten selbst tragen müssen.
Dort aber, wo die Unternehmen jetzt grosse Einkommenseinbrüche erleiden müssen wegen der staatlichen Massnahmen, ist es durchaus angezeigt, dass auch ein Teil der Schulden von der Allgemeinheit übernommen und breit von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern getragen wird. Sodass die Kosten dieser Wirtschaftskrise nicht einseitig auf die Besitzer von Friseurgeschäften und Gärtnereien fallen.
Viele brauchen Unterstützung. Aber es besteht auch die Gefahr von Missbräuchen, wenn man das Geld fast schon verschenkt.
Das ist häufig das wichtigste Argument, weshalb man sich gegen staatliche Hilfen ausspricht. Man hat dann das Gefühl, dass besonders den Unternehmen geholfen wird, die schlechte Geschäfte gemacht haben, die vielleicht riskant spekuliert haben.
Doch in dieser Krise ist die Ausgangslage anders: Man kann kaum den Friseurgeschäften vorwerfen, dass sie besonders unvorsichtig gewesen sind, wenn sie nicht daran gedacht haben, dass vielleicht einmal der Staat ihre Geschäftstätigkeit wochenlang verbieten wird.
Es wird sehr viel Geld locker gemacht von den Notenbanken und den Staaten. Wird aus der Marktwirtschaft nun eine Staatswirtschaft?
Es geht hier nicht um das Aushöhlen der Marktwirtschaft. Es geht darum, auf die grosse staatliche Intervention zu reagieren, die wir ja bereits haben – nämlich die Tatsache, dass viele Unternehmen ihre Geschäfte gar nicht mehr betreiben können.
Weil wir nun diesen enormen staatlichen Eingriff in die Wirtschaft haben, stellt sich die Frage, wie wir nachgelagerte Eingriffe vornehmen können, um die Kosten sinnvoll zu verteilen und auch weitere Folgekosten so weit als möglich zu vermeiden.
Das Gespräch führte Reto Lipp.