Die Schweiz feiert. Das spüren jene, die all die Grossanlässe veranstalten. Philipp Musshafen, Geschäftsführer des Hallenstadions, sagt es so: «Im Freizeitmarkt herrscht ein Überangebot. Nicht nur bei Konzerten – auch bei Dorffesten und Openair-Kinos.»
Nur: Zahlreiche Menschen hätten von den vergangenen zwei Jahren Billette zuhause, die sie noch nicht einlösen konnten. Die Folge: Sie kaufen keine oder weniger Billette für neue Veranstaltungen. «Der Verkauf ist langsamer als vor Corona.»
Es ist schwieriger geworden, mit Konzerten Geld zu verdienen. Das spürt das Hallenstadion als Veranstaltungsort, das spüren laut Musshafen aber vor allem die Veranstalter. «Sie machen mit dem Ticketverkauf den Verdienst, und diese Rechnung wird zunehmend riskanter».
Jede und jeder Vierte hat die Branche verlassen
Dass die Schweiz in Partystimmung ist, lässt sich auch an den Auftragsbüchern von Stefan Mathys ablesen. Er liefert als Geschäftsführer von Winkler Livecom Licht- und Tontechnik für Konzerte, Firmenanlässe, Fernseh-Shows. Das Geschäft brummt.
Nur: Alle wollen das Material gleichzeitig . Technische Komponenten sind wegen unterbrochener Lieferketten aber nicht nur teurer, sondern auch rar.
Sie können noch so viel bezahlen wollen, Sie kommen einfach nicht an genügend Kabel.
Ein Beispiel: Kabel. «Da können sie noch so viel bezahlen wollen», sagt Mathys, «sie kommen einfach nicht an genügend Kabel». Sein Glück ist es, dass er ein grosses Lager hat. «Statt mit einem 50-Meter-Kabel arbeiten wir halt mit fünf Zehn-Meter-Kabeln.»
Mehr Sorgen macht er sich um das Personal. Alle buhlen gleichzeitig um die besten Leute – in einer Branche, der während Corona 25 Prozent der Mitarbeitenden davongelaufen sind.
Früher hatte Mathys die Suche nach einem Freelancer nach fünf Telefonaten erfolgreich beendet. «Heute machen wir 20 Telefonate und haben noch immer niemanden.»
In Deutschland kostet eine Party heute 45 Prozent mehr
Alles wird teurer, und das spürt die ganze Branche. Eine Studie für Deutschland kommt zum Schluss, dass dieses Jahr für Messen und Events im Schnitt 45 Prozent mehr Budget zur Verfügung gestellt werden müsse als 2019.
Das lässt sich nicht 1:1 auf die Schweiz übertragen, der Trend gehe aber auch hier in diese Richtung, sagen Branchenexperten.
Kommt das bei den Besucherinnen und Besuchern an? Die Veranstalter der Musikfestwochen Winterthur haben die Preise nicht erhöht, wie Co-Geschäftsleiter David Egg sagt. Mit der Folge, dass er als Veranstalter am Schluss ein Loch in der Kasse haben könnte. «Wenn es dumm läuft, ist das so», sagt Egg. Aber in dieser Rechnung spielten weitere Faktoren eine Rolle (siehe Video).
Bei allen Schwierigkeiten: In der Event-Branche ist man froh, überhaupt wieder ohne Einschränkungen arbeiten zu können. «Wir haben viel zu tun, und wir dürfen wieder Rechnungen schreiben», sagt Christoph Kamber, Chef der Agentur Redspark und Präsident des Verbands Expo Event.
Kambers Optimismus hat allerdings ein Ablaufdatum. Die Auftragsbücher seien bis im Herbst gut gefüllt, «doch ab Dezember nimmt es rapide ab». Das ist, vermutet er, auch der Sorge über den weiteren Pandemieverlauf geschuldet.
Die Branche will ein erneutes Berufsverbot um jeden Preis verhindern, wenngleich teils grosszügige staatliche Unterstützungsgelder vielen Firmen das Leiden während Corona gelindert hatten.