Worum geht es? Das US-Landwirtschaftsministerium hat erstmals den Verkauf von In-vitro-Fleisch genehmigt. Dabei handelt es sich um im Labor hergestelltes Fleisch, oft auch Laborfleisch oder kultiviertes Fleisch genannt. Die Bewilligung erhalten haben die Firmen Upside Food und Good Meat aus dem US-Bundesstaat Kalifornien, und zwar für kultiviertes Hähnchenfleisch. Vorerst wird in den USA das Fleisch aber nur in ausgewählten Restaurants erhältlich sein.
Wieso ist das wichtig? Mit der Herstellung von Laborfleisch ist viel Hoffnung verbunden. Zunächst hat es den Vorteil, dass es tierische Proteine enthält, ohne dass dafür Lebewesen an der Tierhaltung leiden und letztlich geschlachtet werden müssen.
Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es ein Umdenken in der Ernährung und damit auch eine Reduktion des Fleischkonsums.
So sagt auch Jeanine Ammann, Expertin für nachhaltige Ernährung: «Die Nachteile der Tierhaltung sind mittlerweile gut bekannt. Die Fleischherstellung ist sehr ressourcenintensiv und trägt damit zum Klimawandel bei.» Ammann arbeitet auch als wissenschaftliche Mitarbeitern bei Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für die Forschung in der Land- und Ernährungswirtschaft sowie im Umweltbereich.
Nützt kultiviertes Fleisch im Kampf gegen die Klimakrise? Auch wenn es gemäss Ammann noch nicht viele Daten zur Nachhaltigkeit von Laborfleisch gibt, deutet fast alles darauf hin, dass seine Produktion weniger ressourcenintensiv ist als diejenige von herkömmlichem Fleisch. «Eine zentrale Frage ist sicherlich, woher die Energie kommt für die Produktion», sagt sie. Ein Beispiel: Gemäss den Forschungsstellen CE Delft und GFI kann der CO₂-Fussabdruck von Rindfleisch um bis zu 92 Prozent sinken, wenn «grüner» Strom aus Erneuerbaren Energien für die Kultivierung genutzt wird.
Auch Ammann betont: «Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es ein Umdenken in der Ernährung und damit auch eine Reduktion des Fleischkonsums.» Es sei aber wenig realistisch, davon auszugehen, dass in Zukunft alle vegetarisch oder vegan leben würden. Hier biete die Produktion von kultiviertem Fleisch eine Alternative.
Welche sonstigen Vorteile gibt es? Bei der Qualität der Produkte und der Herstellung erklärt Ammann. «Beispielsweise hat man die Antibiotika-Problematik nicht und die Herstellung ist deutlich einfacher skalierbar als die Tierhaltung.» Wird ein Tier ausserdem geschlachtet, entstehen Abfallprodukte. Beim In-vitro-Fleisch ist dies anders.
Gibt es auch Nachteile? Ammann, die auch einen Hintergrund in der Ekelforschung hat, sieht vor allem in der Akzeptanz der Konsumentinnen und Konsumenten ein Risiko. «Neue Technologien können sehr viel Potenzial haben, aber wenn sie nicht akzeptiert werden, kann das deren Etablierung stark verzögern.» Dies sehe man beispielsweise bei der Gentechnologie.
Zudem heisst es aus verschiedenen Quellen, dass kultiviertes Fleisch noch sehr teuer sei. Ammann führt aus: «Die grösste Hürde ist aktuell der Preis, dicht gefolgt von der Konsumentenakzeptanz.» Das kultivierte Fleisch müsse erschwinglich sein, um es in den Detailhandel zu schaffen. Ammann ist aber «zuversichtlich, dass in diesem Bereich aktuell viel Innovation passiert». Dass das Produkt in ein paar Jahren oder vielleicht sogar in einigen Monaten in den Regalen der Einzelhändlerinnen und Einzelhändler steht, schliesst die Expertin für nachhaltige Ernährung nicht aus.