Nestlé-Chef Mark Schneider drückt beim Klimaschutz aufs Tempo. «Es ist Februar 2022 – und wir müssen jetzt handeln, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen», sagte der Deutsch-Amerikaner bei der Präsentation der Bilanz. Die Schlüsselfrage für Unternehmen sei: Gehen die CO₂-Emissionen noch hoch? Oder schon runter.
Die Antwort unterscheide die Tatkräftigen von den Schwätzern, sagte Schneider. Und macht klar, dass er Nestlé zu den Tatkräftigen zählt.
Grüne Null bis 2050
Der Nahrungsmittelkonzern aus Vevey hat sich vor eineinhalb Jahren das Ziel gesetzt, die Klima-Emissionen bis 2030 zu halbieren und bis 2050 ganz zu eliminieren. Man sei auf gutem Weg, sagte Konzernchef Schneider. Doch längst nicht alle teilen seinen Optimismus. Es gebe viel zu wenig öffentlich zugängliche Daten über Nestlés Klima-Fortschritte, kritisiert etwa Frederic Hans, Analyst beim unabhängigen Analyse-Institut New Climate Institute aus Köln.
Mit der Folge, «dass wir nicht analysieren, oder nur schwer, was wirklich die Ambition von Nestlé ist und wo sie auf dem Weg, diese Ziele zu erreichen, stehen.» Ohne Beweise müsse man den Aussagen von Nestlé blind vertrauen. Aber die Beweise fehlten. Daher ist das New Climate Institute sehr skeptisch, ob Nestlé seine ambitionierten Ziele auch umsetzen kann. In einem Vergleich mit 24 anderen Unternehmen schneidet Nestlé schlecht ab.
Viele Konzerne wollen grün scheinen
Auch Karin Landolt, Co-Geschäftsführerin der Aktionärsvereinigung Actares, hat Zweifel. Ein Klimaziel zu haben, sei zwar gut, sagt sie: «Actares begrüsst den Impuls und das Vorgehen aus Vevey, bis 2050 die grüne Null zu erreichen und eine Vorreiterrolle in der Branche und in der Schweizer Wirtschaft zu spielen.»
Aber: «Wir kennen viele Konzerne, die sich viel auf die Fahne geschrieben haben, was Nachhaltigkeitskriterien und Ziele betrifft. Wir möchten das dann genauer wissen.» Doch auch Actares vermisst die dazu nötigen Informationen vonseiten des Konzerns.
«Das ist nicht wenig»
Nestlé-Chef Schneider verteidigte sich heute damit, dass der Konzern sich bei der Umsetzung seiner Klimaziele an der wissenschaftsbasierten «Targets Initiative» der UNO orientiere, das sei der Goldstandard. Am Finanzmarkt kommen Nestlés Klimaziele gut an. Nestlé sei der einzige Konzern, der klar kommuniziere, wie viel Geld er in die Hand nehmen wolle, um seine Klimaziele zu erreichen, lobt Nestlé-Kenner Jean-Philippe Bertschy von der Bank Vontobel. «Nestlé investiert über eine Milliarde in solche Themen. Das ist nicht wenig.»
Doch auch das überzeugt Kritiker wie Frederic Hans nicht: «Nestlé hat ein grosses Massnahmenpaket. Das ist unumstritten. Die Frage ist immer, wohin es führt und ob es genügt.» Aufgrund der fehlenden Transparenz könne zumindest sein Institut die Frage im Moment nicht beantworten.