Zum Inhalt springen

Netflix, Apple, Disney und Co. Schweiz hat wenig vom Streaming-Boom

Video-Plattformen pflügen das Filmgeschäft um und suchen neue Stoffe – doch nur wenige Schweizer Filmschaffende profitieren davon.

Die Kinoeintritte sind seit Jahren rückläufig, Video-Streamingdienste, allen voran Netflix, boomen. Filme und Serien können bequem zu Hause «on demand» geschaut werden. Eine Konkurrenz für das TV, aber auch fürs Kino.

Und bald wird der Streaming-Markt noch grösser. Amazon baut sein Angebot rasant aus, und auch Apple, Warner und Disney, einer der grössten Film- und Unterhaltungskonzerne der Welt, steigen in den Video-Streamingmarkt ein.

Das bedeutet einen «Goldrausch» für Filmschaffende, sind sich viele einig. Roeg Sutherland, Sohn von Schauspielerlegende Donald Sutherland sieht dank der Streaming-Explosion eine Riesenchance für Produzenten. «Die Nachfrage nach guten Filminhalten hat sich vervielfacht.» Sutherland ist in Hollywood für Filmfinanzierung verantwortlich.

Hunger nach Filmstoffen in Europa

Ausserhalb der USA ist zunehmend Europa im Fokus. Ein neues EU-Gesetz schreibt Netflix und Co. ab dem nächsten September vor, 30 Prozent ihrer Inhalte müssten aus Europa stammen. Die Schweizer Politik diskutiert auch ein neues Gesetz.

Hier sollen Film-Streaming-Plattformen künftig vier Prozent der Einnahmen an die Schweizer Filmförderung abgeben, so ein umstrittener Vorschlag des Bundesamts für Kultur.

Eine Chance für «Wolkenbruch»

Schweizer profitieren bisher erst am Rande vom Kampf um Online-Filminhalte. «Wolkenbruch» ist der erste Schweizer Spielfilm, dessen Rechte weltweit an Netflix verkauft wurden.

«So kommen wir auf einen Schlag in die Stuben der Menschen auf der ganzen Welt», sagt Anita Wasser von Turnus Film, die die Komödie «Wolkenbruch» produziert hat. Der herkömmliche internationale Vertrieb von Filmen für Kino und Fernsehen sei schwieriger geworden.

Netflix

Box aufklappen Box zuklappen

Das Unternehmen mit Sitz im Silicon Valley startete 1997 als DVD-Versand-Videothek. Seit 2007 bietet es eine Video-on-Demand-Plattform für Filme und Serien an.

In den letzten Jahren ist Netflix weltweit rasant gewachsen. Netflix kauft Filmrechte und produziert eigene Inhalte, seit neuestem auch Kinofilme. An den diesjährigen Oscar-Verleihungen erhielt der Netflix-Film «Roma» drei Oscars.

Einnahmen generiert Netflix durch Abonnements-Gebühren, von heute 152 Millionen Kunden weltweit. Netflix setzte letztes Jahr 16 Milliarden US-Dollar um. In der Schweiz ist der Dienst seit 2014 verfügbar.

Seitens der Kinoindustrie wird Netflix Intransparenz vorgeworfen, weil das Unternehmen nicht bekannt gibt, wie häufig und wie lange seine Filme geschaut werden.

Warum ist «Wolkenbruch» bisher die Ausnahme? Ist der Schweizer Film zu schlecht? Ganz klar nein, entgegnet Karl Spörri, abtretender Co-Direktor des Zürcher Filmfestivals: «Die Schweiz ist ein kleines Land. Es ist sehr teuer, für den kleinen – mehrsprachigen – Markt zu produzieren. Trotzdem werden jedes Jahr sehr interessante Filme – auch Dokumentarfilme – hergestellt».

Auf der Suche nach dem Erfolgsrezept

Schauspieler und Tatort-Kommissar Stefan Gubser glaubt, dass auch die Schweiz bald von den Streaming-Plattformen profitieren kann, «vorausgesetzt wir sind fähig, Inhalte zu kreieren, die der internationalen Konkurrenz das Wasser reichen können.»

Was ist das Erfolgsrezept für die Schweiz, um Filme vermehrt weltweit zu verbreiten? Generell fehlten uns noch grössere Filmstars, so Produzentin Anita Wasser.

Aber: «Wenn eine Geschichte hier verankert ist, eine Seele hat und etwas Universelles erzählt, dann besteht die Chance, dass es funktioniert.»

Netflix profitiert – und die Produzenten?

Es sei nicht nur erstrebenswert, Filmrechte an Netflix zu verkaufen, oder gar für das Unternehmen zu produzieren. So sieht es Valentin Greutert, Produzent des neuen Schweizer Films «Bruno Manser».

Netflix betreibe ein Geschäftsmodell, das für Produzenten nicht interessant sei. «Wenn man nur Filme produzieren, aber an der Auswertung nicht mehr mitverdienen darf, wird man zum reinen Auftragsproduzenten, und das ist nicht meine persönliche Bestimmung.»

Eine Chance für spezielle Projekte

Trotz mangelnder Mitspracherechte ist Netflix für andere Schweizer Produzenten als Auftraggeber begehrt. Gross ist die Verlockung der weltweiten Verbreitung.

Turnus-Film hofft auf eine weitere Zusammenarbeit. «Wir würden wohl nicht mehr zu unterst im Stapel landen, wenn wir etwas Internationales eingeben», sagt Anita Wasser.

Auch das Schweizer Fernsehen verstärkt seine Streaming-Aktivitäten: Mit einer neuen Video-Plattform ab 2020, ausschliesslich mit Schweizer Inhalten.

Am Montag in «ECO»

Box aufklappen Box zuklappen

Den Bericht zum Thema zeigt das Wirtschaftsmagazin « ECO » am Montag, 7.10., um 22.25 Uhr auf SRF 1.

Meistgelesene Artikel