Fünf Optionen hat die Arbeitsgruppe «Mobilfunk und Strahlung» in ihrem Bericht gestern in den Hut geworfen, ohne eine davon zu favorisieren. Diese Vorschläge sind fast alle gefärbt von den unterschiedlichen Ansichten der Teilnehmer der Arbeitsgruppe.
So wollen die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz den Mobilfunk am liebsten aus den Gebäuden verbannen und auch im Aussenbereich nur eine Minimalabdeckung, während die Kontrollbehörde ComCom die Grenzwerte massiv erhöhen will, weil sie «die freie Entfaltung des Wettbewerbs» unterstütze, wie der Kommissionspräsident meinte. Einigermassen wertneutral ist lediglich die Option «Status Quo».
Ärzte und Regulator wollen zu viel
Um das Bundesratsziel, die Schweiz mit moderner Breitbandtechnologie zu versorgen, in nützlicher Frist zu erreichen, eignet sich keine der oben genannten Varianten. Mit dem «Status quo» braucht es viel zu viele neue Antennen. Die Maximalforderungen von ComCom und dem Informatik- und Telekom-Verband Asut sind derzeit weder technisch nötig, wenn sie ehrlich sind, noch politisch durchsetzbar. Und der Vorschlag der Ärztinnen und Ärzte will faktisch 5G verhindern und die Digitalisierung bremsen.
Bleibt die Option 3, auch eingebracht von den Telekom-Lobbyisten. Hier würde der heutige Anlagengrenzwert von 4-6 Volt pro Meter (in der Regel sind es heute im Mittel 5 v/m) auf generell 6 angehoben. Ausserdem geht man nicht mehr von einem «Worst Case» aus, sondern von einem Mittelwert. Das heisst, manchmal darf eine Antenne etwas mehr strahlen, manchmal weniger. Das ist eine ähnliche Lösung, wie sie zum Beispiel Italien schon hat.
In Randzeiten weniger Strahlung
Gerade bei sogenannten adaptiven Antennen kann diese Regelung ein Vorteil sein. Eine Nutzerin hat beispielsweise auf ihrem Handy volle Leistung, wenn sie im Sendefeld der Antenne steht. Dafür steigt dort in der Umgebung die Strahlung kurzzeitig auf etwas höhere Werte als heute. Ist sie wieder weg, sinkt die Strahlung der Antenne, weil sie nicht mehr wie heute ständig prüfen muss, ob ihr Signal gebraucht wird.
Vor allem in Randzeiten, zum Beispiel in der Nacht, dürfte dadurch die Strahlenbelastung im Quartier gegenüber heute sogar sinken. Um jeden Winkel im Quartier zu erreichen, bräuchte es dafür in städtischen Gebieten einige (Klein-)Antennen mehr (7500). Dennoch wären deutlich weniger neue Antennen nötig, als beim «Status Quo» (46'500).
Ständerat bleibt Knacknuss
Es ist wohl nicht ganz zufällig, dass sich Option 3 im Bericht der Arbeitsgruppe zwischen drei Extrempositionen und dem schwachen «Status quo» findet. Trotz dieser betont unauffälligen Anordnung sollte man diese Möglichkeit nicht abschreiben. Die Anhebung wäre massvoll. Die Bevölkerung müsste viel weniger Antennen ertragen. Und der angestrebte Grenzwert wäre immer noch strenger als in vielen anderen Ländern. Und ein Vielfaches vom Maximalwert entfernt, den die Weltgesundheitsorganisation WHO heute als sicher einstuft.
Allerdings wird es für den Bundesrat nicht ganz einfach, dies dem Parlament zu erklären. Der Ständerat hat, bevor der Faktenbericht der Arbeitsgruppe auf dem Tisch lag, zu einer Aufweichung des Grenzwerts zweimal Nein gesagt.