Erstmals wird am Dienstag der Niederländer Ralph Hamers die Geschäftszahlen der Schweizer Grossbank UBS präsentieren. Begleitet wird die Premiere von einer drohenden Klage in seiner Heimat – wegen Geldwäscherei bei seiner letzten Arbeitgeberin, die Grossbank ING. Die Ausgangslage gestaltet sich wie folgt:
Das Problem: Ralph Hamers hat im November den Chefposten bei der UBS übernommen. Im Dezember wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft in den Niederlanden einen alten Geldwäsche-Fall neu aufrollt. Dabei ermitteln die Behörden auch gegen Hamers in seiner früheren Rolle als Chef der Bank ING.
Das steckt dahinter: 2018 zahlte ING zur Beilegung eines grossen Falls von Geldwäscherei 775 Millionen Euro. ING betrachtete die Angelegenheit als erledigt. Doch Aktionärsvertreter Pieter Lakeman legte Beschwerde ein. Es gehe nicht an, dass Hamers bei kriminellen Vorgängen wegschaue und ungeschoren davonkomme, so die Sicht von Lakeman. Überraschend entschied das Berufungsgericht im Dezember, die Staatsanwälte müssten Hamers’ Rolle in der Affäre nochmals prüfen.
So geht es in den Niederlanden weiter: Ob es diesmal zur Anklage gegen den Top-Banker kommt, ist offen. Das wird sich frühestens in ein paar Monaten entscheiden. Aber das Risiko einer Strafklage steht bedrohlich im Raum.
Folgen für die UBS: Für die UBS ist die Entwicklung unangenehm. Den frisch angetretenen Chef belastet nun eine juristische Altlast aus dessen ING-Vergangenheit. Ralph Hamers kann sich so wohl weniger gut auf die Gestaltung der digitale UBS-Zukunft konzentrieren. Doch nach aussen geben sich die obersten Verantwortlichen der Bank gelassen. UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber stellte sich öffentlich hinter Hamers und sagte, dieser sei weiter fähig, als Chef der Bank gute Arbeit zu leiten.
Das UBS-Jahr 2020: Hamers wird voraussichtlich mit guten bis sehr guten UBS-Jahreszahlen aufwarten. So zumindest erwarten es die Finanzanalysten, nicht zuletzt mit Blick auf die günstige Börsenentwicklung, die derzeit die Gebühreneinnahmen aller Banken stärkt. Als weltgrösste Vermögensverwaltungsbank dürfte die UBS davon 2020 profitiert haben.
Doch die Erfolge aus dem letzten Jahr sind nicht das Verdienst von Ralph Hamers, der erst seit November bei der UBS im Amt ist. Die Medien interessieren sich ohnedies weniger für die Geschäftszahlen als für die Geldwäscherei-Affäre in Hamers Heimat. Zu erwarten sind ausserdem Aussagen dazu, wie die UBS im digitalen Banking weiter vorankommen will. Eine ausgefeilte, neue Digitalisierungs-Strategie ist nicht zu erwarten.