«Mit der Erfahrung und dem Züchtungsmaterial, über das wir verfügen, sind wir einer der führenden Player in dieser Technologie », sagt Robert Hiles, Leiter Hybrid-Getreide bei Syngenta. Zwei Milliarden Dollar Umsatz – mindestens – will er mit Hybrid-Weizen erwirtschaften. Und das schon bald: Irgendwann in der nächsten Dekade soll das neue Weizensaatgut in den Händen der Bauern sein.
Syngenta verspricht den Bauern 10 Prozent höhere Erträge. Allerdings: Wollen Bauern einen Teil ihrer Ernte für die Wiederaussaat nutzen, fallen die Erträge miserabel aus. Das zwingt sie, ihr Saatgut Jahr für Jahr neu beim Hersteller zu kaufen. Ein todsicheres Geschäft – für den Hersteller.
Der Schlüssel zur Marktmacht
Auch Saatgutkonzerne wie Bayer, Limagrain oder KWS mischen im Rennen um eine Hybrid-Weizen-Sorte mit. Wer über die Technologie verfügt, hat die Macht. Das zeigt sich bei vielen anderen Ackerkulturen, wo es Agrarkonzerne schon lange geschafft haben, mit Hybrid-Saatgut die Konkurrenz auszuschalten.
In der Maisproduktion beherrschen fünf Konzerne 75 Prozent des EU-Marktes. Bei Zuckerrüben sind es vier Konzerne, die 86 Prozent des Saatgutes produzieren. Im Gemüseanbau kontrollieren fünf Konzerne sogar 95 Prozent des europäischen Saatgutmarktes.
Jetzt wollen Agrarkonzerne wie Syngenta den einträglichen Grundnahrungsmittelmarkt mit Hybrid-Saatgut erobern. Was heisst das für die heutige Konkurrenz?
Sonderfall Schweiz
In der Schweiz ist der Bund traditionell stark in die Weizenzüchtung involviert: seit über 100 Jahren. Heute setzt der Bund, zusammen mit dem privaten Unternehmen DSP, mehr auf Qualität als auf Quantität.
Zuchtziel sind nicht hybride Hochertragssorten wie bei Syngenta, sondern krankheitsresistente Sorten, die einen Pestizid-armen Anbau erlauben sowie eine hohe Backqualität aufweisen.
Die Weizensorten des Bundes sind bei Schweizer Landwirten gefragt. Sie säen zu 80 Prozent Sorten aus Schweizer Züchtung aus. Wie lange noch, ist ungewiss. Der Bund hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich aus der Pflanzenzüchtung verabschiedet. Aus Spargründen. Die neuste Sparrunde, die alle eidgenössischen Forschungsanstalten von Agroscope zentralisieren wird, bringt auch das letzte grosse Engagement des Bundes in der Weizenzüchtung ins Wanken.
Pflanzenzüchtung ist kostenintensiv
Nicht besser sieht die Situation des Kleinzüchters Peter Kunz am Zürichsee aus. Er ist mit seinen knapp 15 Mitarbeitern einer von 10 Pflanzenzüchtern in der Schweiz, die den Verdrängungskampf bisher überlebt haben. Er betreibt eine Nischenproduktion, spezialisiert auf Saatgut für Biolandwirtschaft. Mit dem Erlös aus seinen Pflanzensorten erwirtschaftet er lediglich 15 Prozent seines Umsatzes. Der grosse Rest stammt von Zuwendungen Privater. Pflanzenzüchtung ist aufwendig und kostenintensiv.
Dass er durch die Hybrid-Weizen-Programme der Agrarkonzerne noch weiter unter Druck komme, erwartet Peter Kunz allerdings nicht: «Bauern schätzen unsere Sorten, weil sie hohen Qualitätsanforderungen entsprechen.»
«Gewisse Vorsicht ist geboten»
Syngenta und Co. zielen mit Hochertrags-Hybrid-Weizen nicht auf Nischen. Sie haben die Ernährung der Weltbevölkerung im Auge.
Die deutsche Züchtungs-Firma Nordsaat forscht und entwickelt seit 30 Jahren auf dem Gebiet des Hybrid-Weizens. Sie verfügt als einziges Unternehmen in Europa bereits über ein bewilligtes Hybrid-Weizen-Programm.
Doch der grosse Durchbruch mit einer Hochertrags-Hybrid-Sorte, die die traditionellen Sorten in den Schatten stellen würde, ist dem Unternehmen bisher nicht gelungen. Der Marktanteil von Hybrid-Weizen am europäischen Weizensaatgutmarkt liegt bei weniger als zwei Prozent.
Nordsaat nimmt die Ankündigungen von Syngenta und anderen Saatgutkonzernen ziemlich gelassen hin. Mario Gils, Hybrid-Weizen-Leiter bei Nordsaat, sagt: «Was deren Prognosen betrifft, ist eine gewisse Vorsicht geboten».