Das Wichtigste in Kürze:
- Postfinance und Banken vereinheitlichen ihre Zahlungssysteme. Alle Unternehmen müssen auf die neue Zahlungsnorm ISO20022 umstellen.
- Viele KMUs sind sich der Tragweite nicht bewusst, weil ihre Hausbanken die Anpassungen selber noch nicht vollzogen haben.
- Teil der Umstellung wird auch ein einheitlicher Einzahlungsschein mit Datencode sein. Dieser muss aber bereits überarbeitet werden.
Der Teufel steckt im Detail. Thomas Holderegger muss Anpassungen bei Kontonummern, Ländercodes und Software-Standards vornehmen. Er ist Fensterbauer in Waldstatt, Appenzell Ausserrhoden. Als Unternehmer muss er Lieferanten-Rechnungen begleichen sowie seinen 100 Mitarbeitern von Blumer Techno Fenster pünktlich die Löhne bezahlen.
Thomas Holderegger geht die Umstellung auf die neue Zahlungsnorm aktiv an, gemeinsam mit dem Software-Unternehmen Sage Schweiz. Er glaubt, für KMUs sei die Umstellung eine grosse Herausforderung: «Dort, wo das Rechnungswesen nicht so stark strukturiert ist, glaube ich kaum, dass die Botschaft angekommen ist, geschweige denn, dass man überhaupt weiss, was die Norm ISO20022 ist.»
Dabei ist die Anpassung auf ISO20022 eine Revolution, die jede einzelne Transaktion in der Schweiz betrifft. Postfinance und Banken vereinheitlichen ihren Zahlungsverkehr – bis anhin arbeiteten sie mit unterschiedlichen Normen.
Bis Ende Jahr müssen Unternehmen landesweit in ihrem Rechnungswesen erste Anpassungen an die neue Norm vornehmen. Sonst besteht die Gefahr, dass beispielsweise Löhne nicht mehr bezahlt werden können.
Raphael Bättig von Sage Schweiz, der die Umstellung bei Blumer Techno Fenster begleitet, warnt: «Es ist ganz wichtig zu sehen: Die bisherigen Überweisungsverfahren, mit denen man Lohn- und Lieferantenzahlungen machen kann, werden bei den ersten Finanzinstituten schon auf Ende Jahr abgestellt. Darum ist der Fahrplan eng.»
Informationsoffensive bislang wirkungslos
Zwar haben Banken und Postfinance Millionen von Hochglanzprospekten verteilt, Briefe geschrieben und Online-Seiten aufgeschaltet. Dennoch ist die Botschaft bei vielen KMUs nicht angekommen. Die Bedeutung dieser Umstellung geht vielfach im Tagesgeschäft unter.
Orchestriert wird die Umstellung von der Six Interbank Clearing, einer gemeinsamen Gesellschaft von Postfinance und Banken. Boris Brunner leitet den Systemwechsel. Die Banken müssen bis im November umgestellt haben. Boris Brunner weiss um die Informationsprobleme und bestätigt erstmals öffentlich: «Zum Teil kann es daran liegen, dass die Banken die Umstellung selber noch nicht gemacht haben. Dadurch sind sie etwas zurückhaltend und sagen sich: Dann können wir dies auch von unseren Kunden nicht verlangen. Aber ich glaube, auf der anderen Seite muss man nochmals stärker informieren, dass die Umstellung tatsächlich wichtig ist.»
Immerhin: Die Six Interbank Clearing will ab Ende März nochmals in die Informations-Offensive gehen.
Neuer Einzahlungsschein mit Mängeln
Die Umstellung betrifft auch Einzelkunden am Postschalter. Sie tätigen 165 Millionen Einzahlungen jährlich. In Zukunft soll es nur noch einen Einzahlungsschein mit aufgedrucktem Datencode geben. Darin enthalten sind Angaben wie Zahlungsempfänger, Referenznummer, Betrag und internationale Bankkontonummer. Der Datencode soll den Zahlungsverkehr stärker automatisieren und auch Überweisungen per Handy ermöglichen.
Vorgestellt wurde der neue Einzahlungsschein im letzten Oktober. Doch kaum präsentiert, musste er bereits überarbeitet werden. Boris Brunner von der Six Interbank Clearing sagt, dass der Datencode auf dem Einzahlungsschein viel zu knapp geplant wurde. Das heisst, er enthalte zu wenige Informationen: «Wenn wir die kleinste Anpassung machen müssen, hat es keine Reserve mehr drin. Das heisst, wir brauchen mehr Platz.»
Geplant war die Einführung des neuen Einzahlungsscheines samt Datencode auf Mitte 2018. Jetzt dauert es länger. Wie der neue Einzahlungsschein aussehen wird, soll in den nächsten Wochen bekannt werden.