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ÖBB-Riesenauftrag Warum eine Unterschriftenpanne Stadler Milliarden kosten könnte

Der Schweizer Zugbauer verliert womöglich einen lukrativen Auftrag. Offenbar, weil die E-Signatur in der EU nicht anerkannt wird.

Das Geschäft von Stadler Rail mit den Österreichischen Bundesbahnen und kommt vorerst nicht zustande. Grund ist ein Formfehler. Stadler Rail habe den Vertrag mit einer Schweizer Version einer digitalen Unterschrift unterzeichnet. Diese wird von der EU und von Österreich nicht anerkannt. So hat das österreichische Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Stadler hat die beanstandete elektronische Unterschrift jedoch schon oft benutzt, auch in Österreich. Warum hat es diesmal nicht funktioniert? Beurteilen kann das Philipp Dick, der Chef von Skribble, einem Unternehmen für elektronische Signaturen.

Er spricht von einem «sehr spannenden Fall», auch wenn dies Konzernchef Peter Spuhler wohl anders sehen dürfte. Dick bestätigt: In der Schweiz und der EU werden unterschiedliche digitale Signaturen genutzt, die gegenseitig nicht anerkannt werden. «Das wird nun beanstandet.»

Konzernchef Peter Spuhler
Legende: Mit dem Gerichtsentscheid geht den Ostschweizer sehr viel Geld durch die Lappen. Der Rahmenvertrag für die Lieferung von 186 Doppelstockzügen belaufe sich über 3 Milliarden Euro, hatte Konzernchef Peter Spuhler Ende August erklärt. Keystone/Archiv

Technisch und prozessual würden aber beide Signaturen auf denselben Formen basieren, so der Skribble-Chef weiter. «Insofern ist es umso erstaunlicher, dass diese Unterschrift angeblich nicht rechtens sein soll.»

Dick kennt die Details des Falls zwar nicht. Grundsätzlich sei es aber bei vergleichbaren Ausschreibungsplattformen üblich, dass die digitale Unterschrift im Vorfeld evaluiert wird. «Wenn man ein Dokument hochlädt, wird geprüft, ob die Unterschrift die Anforderungen erfüllt. Das scheint hier nicht richtig gemacht worden zu sein.»  

Stadler geht gegen Entscheid vor

Box aufklappen Box zuklappen

Die Ostschweizer bestätigten am Dienstag den Sachverhalt. «Das österreichische Bundesverwaltungsgericht hat aufgrund eines angeblichen Formfehlers bei der qualifizierten elektronischen Signatur des Angebots diesen Zuschlag der ÖBB überraschend für nichtig erklärt», hiess es in einer Stellungnahme.

Stadler will nun sämtliche Rechtsmittel gegen den Gerichtsentscheid ausschöpfen. «Stadler hat diese elektronische, von den zuständigen internationalen Behörden anerkannte Signatur schon hundertfach bei der Teilnahme an Ausschreibungen im EU-Raum verwendet. Zahlreiche so unterzeichnete Angebote wurden damit gewonnen, auch solche österreichischer Bahnen», schrieb der Konzern. (sda)

Eine digitale Signatur hat mit einer traditionellen handschriftlichen Unterschrift wenig gemeinsam: Es geht nämlich nicht bloss darum, eine handschriftliche Unterschrift in ein PDF-Dokument zu übertragen.

In der elektronischen Welt gibt es nämlich sogenannte Signatur-Zertifikate. «Diese werden in ein Dokument eingebettet, um die Identität, die Unveränderbarkeit und auch den Willen, dass man die Signatur eingehen wollte, sicherzustellen», erklärt Dick.

Innerhalb dieser Zertifikate gibt es unterschiedliche Formen der Identitätsprüfung: Diese können von einem einfachen Check der E-Mail-Adresse bis hin zur «qualifizierten elektronischen Signatur» reichen, wofür ein Pass oder eine ID erforderlich ist.

Technisch keine Hindernisse

Im Fall von Stadler geht es um diese qualifizierte elektronische Signatur. Diese wird in der EU und Schweiz unterschiedlich gehandhabt. Welche Gültigkeit digitale Signaturen in der Schweiz und der EU haben, regelt in der Schweiz das Bundesgesetz für elektronische Signaturen. In der EU kommt die eIDAS-Verordnung zum Tragen.

«Es basiert zwar alles auf denselben Normen. Es gibt aber keine Abkommen darüber, dass die Signaturen gegenseitig anerkannt werden», sagt der Skribble-Chef. Er schliesst: Technisch wäre es problemlos möglich, eine milliardenschwere Panne wie im Fall Stadler zu verhindern. Es fehlt einzig eine vertragliche Regelung.

SRF 4 News, 23.09.2021, 10:20 Uhr ; 

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