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Öffentlichkeitsprinzip Einsicht in Covid-Dokumente: BAG soll transparenter werden

Ein Netzaktivist fordert vom BAG Einsicht in alle Dokumente im Zusammenhang mit Covid-19. Doch eine vollständige Liste gibt es nicht.

Was tun die Behörden im Kampf gegen Corona und weshalb? Dies wollte der Zürcher Netzaktivist und studierte Computer-Linguist Hernâni Marques wissen. Verschiedentlich forderte er deshalb beim Bundesamt für Gesundheit BAG Dokumente dazu an, die er dann im Internet publizierte.

«Ich habe gewisse Dokumente vom BAG erhalten, zum Beispiel zu den Gründen, weshalb man so und so lockert – oder auch nicht lockert», erzählt Marques. «Andere Dokumente – zum Beispiel über den Schaden der Massnahmen – habe ich nicht erhalten. Da kam ich auf die Idee, nach einer Liste mit allen Dokumenten zu fragen, die sich mit dem Thema beschäftigen.»

BAG besitzt keine Liste

Eine umfassende Liste gebe es nicht, hiess es beim BAG. Der Gesuchsteller müsse konkretisieren, welche Dokumente er suche, erläutert Michael Gerber vom Rechtsdienst des BAG. Denn das BAG bekomme sehr viele Anfragen von Medienschaffenden oder von Bürgerinnen und Bürgern: «Im Covid-19-Bereich geht es zum Beispiel um Infektionsgeschehen in Schulen. Bei der Suche könnte man nach Gremien einschränken und zum Beispiel Protokolle der Taskforce verlangen, oder beim Bundesrat Entscheidungsgrundlagen oder Antragspapiere.»

Ich will, dass diese Dokumente in der Gesamtheit verfügbar sind, damit Experten und auch Journalisten nachhaken können.
Autor: Hernâni Marques

Doch Marques blieb dabei, er wolle eine Liste mit allen Dokumenten – denn: «Ich bin weder Virologe noch Epidemiologe. Ich will aber, dass diese Dokumente in der Gesamtheit verfügbar sind, damit Experten und auch Journalisten nachhaken können.»

Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung

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Früher war geheim, worüber die Behörden nicht von sich aus informierten. Heute ist öffentlich, was nicht ausdrücklich im höheren Interesse als geheim klassifiziert wird. Diesen grundlegenden Wandel brachte das Öffentlichkeitsgesetz, das auf Bundesebene seit 2006 in Kraft ist.

Im Grundsatz gilt: Jede Person, also auch juristische Personen und Verbände, kann ein Zugangsgesuch stellen. Das Gesuch kann eingeschränkt, aufgeschoben oder abgelehnt werden, wenn durch den Zugang zu den Dokumenten zum Beispiel die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährdet werden könnte.

Gegen eine Einschränkung oder gar Verweigerung des Dokumentenzugangs kann sich der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin wehren und einen Schlichtungsantrag beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten einreichen.

Die Menschen hätten ein Recht darauf zu wissen, was Behörden und Regierungen überlegen und wie sie ihr Handeln begründen. Gerade in diesen unsicheren Corona-Zeiten, so Marques. «Wir sehen ja auch, dass viele Leute überall die grosse Verschwörung wittern. Da hilft Transparenz, um Vertrauen zu erhalten. Dass man versteht, weshalb Massnahmen ergriffen werden – oder halt auch nicht.»

Mithilfe des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten kam Marques dann doch noch zu einer Liste. Er erhielt einen Screenshot mit Hunderten von Dokumententiteln. Das BAG sagt dazu, das interne Dokumenten-Verwaltungssystem breche die Suche ab, wenn es mehr als 1000 Treffer finde. Für eine umfassende Liste hätte man externe Spezialisten beiziehen müssen – und das wäre teuer geworden.

Marques hat dafür kein Verständnis: «Wir sind im Jahr 2020. Das kann man technisch mit Sicherheit so lösen, dass man das auch in einem maschinenlesbaren Format – zum Beispiel einer Excel-Datei – liefern kann.»

Einrichtung eines «Data Hub» gefordert

Immerhin kommt nun etwas Bewegung in diese Sache: Nationalrat Gerhard Andrey (Grüne/FR) fordert mit einer Motion, dass die Bundesverwaltung ihre Datenbearbeitung modernisiert. Es soll eine zentrale digitale Daten-Drehscheibe eingerichtet werden, ein sogenannter «Data Hub», wo in Echtzeit auf sämtliche Daten zugegriffen werden kann.

Der Bundesrat ist bereit, die Motion anzunehmen. Und: Das Bundesarchiv prüft derzeit, ob und wie ein zentrales Register für sämtliche amtlichen Dokumente eingerichtet werden soll. Dies wäre eine Art Katalog, ähnlich wie in einer Bibliothek, wo Bürgerinnen und Bürger selber nach amtlichen Dokumenten suchen könnten. Nächstes Jahr soll darüber entschieden werden.

Weiterführende Links

Rendez-vous, 16.12.2020, 12.30 Uhr

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