Der Preis für ein Barrel Erdöl ist über das Wochenende um rund ein Drittel eingebrochen. Der Grund: Die Staaten des Erdöl-Kartells Opec und Russland konnten sich nicht auf eine Förderbeschränkung einigen, um den Ölpreis zu stützen.
Verantwortlich für den Preiszerfall ist sicher auch das Coronavirus. China verbraucht rund 10 Prozent des weltweit geförderten Erdöls. Das Virus hat nun aber dazu geführt, dass die chinesischen Exporte um 17 Prozent eingebrochen sind. Da liegt es auf der Hand, dass das Stottern des chinesischen Wirtschaftsmotors die Ölpreise ins Wanken bringt.
Das wären schlechte Nachrichten für Trump
Doch das Virus ist vor allem der Auslöser eines schon länger schwelenden Konflikts zwischen den Erdöl-Ländern. Russland weigert sich, den Förderbeschränkungen der Opec Folge zu leisten und geht damit auf Konfrontationskurs mit Saudi-Arabien und den USA. So will Moskau die Saudis abstrafen, weil diese nach wie vor eng mit den USA verbunden sind.
Hauptziel der Aktion sind aber die USA. Durch die Produktion von Schieferöl sind die USA in den letzten Jahren zur Top-Liga der Ölproduzenten aufgestiegen. Präsident Donald Trump hat die Produktion angetrieben, denn günstiges Öl soll der US-Wirtschaft Auftrieb geben. Allerdings: Während die Saudis ihr Öl sehr günstig produzieren können, sind die US-Schieferöl-Unternehmen meist stark verschuldet. Ein weiterer Einbruch der Ölpreise dürfte sie hart treffen, nötige Investitionen werden noch schwieriger zu finanzieren, die oft kleinen Produzenten geraten an den Rand des Ruins. Und das wiederum wären für Trump in einem Wahljahr schlechte Nachrichten.
Folgen in der Schweiz weniger spürbar
Saudi-Arabien hat auf die Abfuhr aus Russland mit Preissenkungen reagiert und will die Produktion nun selber hochfahren. Dieser Machtkampf dürfte die nächsten Tage, Wochen oder gar Monate anhalten. Keiner der Streithähne wird klein beigeben und an den Verhandlungstisch zurückkehren wollen.
Die Folgen sind schwer abschätzbar. In der Schweiz dürften sich die massiv tieferen Ölpreise bei den Preisen für Heizöl und Benzin bemerkbar machen, wenn auch – wegen Steuern oder CO2-Abgaben – deutlich weniger radikal. Entscheidender dürfte sein, dass der Machtkampf die Börsen weltweit verunsichert. Die Kurse an den durch das Coronavirus sowieso schon nervösen Börsen brechen weltweit weg.
Abhängig vom weltpolitischen Kräftemessen
Experten gehen aber nicht davon aus, dass der wirtschaftliche Einbruch so heftig sein wird wie nach der Finanzkrise 2008. Dennoch: Der Franken als sicherer Hafen für Anleger wird nun attraktiver, die Währung wird stärker. Und das wiederum dürfte die Schweizer Exportwirtschaft hart treffen.
Ein längerfristig tiefer Ölpreis macht zwar alternative Energieträger wieder deutlich teurer. Dennoch zeigt der jüngste Preiszerfall auf, wie stark der Ölmarkt von weltpolitischem Kräftemessen beeinflussbar ist. Der Machtkampf könnte somit auch ein Signal sein, sich auch aus politischen Überlegungen unabhängiger zu machen von diesen wirtschaftlich brisanten Machtkämpfen der Erdöl-Staaten.