Der Ölpreis befindet sich auf einer Talfahrt. Seit Anfang Jahr hat er sich mehr als halbiert. Grund: Wegen der Corona-Krise ist die Nachfrage nach Öl eingebrochen. Zugespitzt hat sich die Situation, weil die Verhandlungen zwischen Saudi-Arabien und Russland gescheitert sind.
So kam es zum Konflikt
Wegen des Coronavirus und seinen wirtschaftlichen Auswirkungen stagniert der weltweite Erdölverbrauch. Es wird weniger gereist, die Nachfrage nach Benzin, Diesel und Kerosin sinkt drastisch.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, beschlossen die 14 OPEC-Staaten die Ölfördermenge noch weiter als bis anhin zu drosseln. Als am 6. März 2020 die OPEC-Staaten, dessen Wortführer Saudi-Arabien ist, auf ihre zehn Kooperationspartner trafen, eskalierte die Situation: Russland widersetzte sich dem Vorschlag und weigerte sich, seine Ölproduktion weiter zu drosseln.
«Russland scheint darauf zu pokern, dass man einen tieferen Ölpreis länger durchhalten kann als die Konkurrenz.»
Laut SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky will Russland mit dieser Aktion Marktanteile zurückholen, die es zuvor an die USA verloren hat. «Russland scheint darauf zu pokern, dass man einen tieferen Ölpreis länger durchhalten kann als die Konkurrenz.»
Saudi-Arabien dreht seine Erdölhähne auf
In der gegenwärtigen Situation gibt es nirgendwo einen Gewinner.
Nach der gescheiterten Verhandlung mit Russland pumpt Saudi-Arabien noch mehr Erdöl in den Markt. Nahost-Korrespondent Peter Weber sagt: «Saudi-Arabien fährt dadurch eine hochriskante Strategie. Mit einem tiefen Ölpreis will man Konkurrenten, wie beispielsweise die amerikanischen Schieferöl-Produzenten oder alternative Energieentwickler, aus dem Markt drängen.»
Gegenwärtig profitiert jedoch von der Situation niemand. Erdölexpertin Cornelia Meyer sagt: «Wenn man einen solchen Nachfrageeinbruch kumuliert mit einem Krieg über Marktanteile, dann gewinnt überhaupt niemand.»
Die Schieferöl-Industrie vor einem Scherbenhaufen
Die amerikanische Schieferöl-Industrie hat in den vergangenen zehn Jahren massiv ausgebaut und vor allem durch technische Fortschritte grosse Marktanteile im Ölmarkt gewonnen. Damit sind die USA zum grössten Erdölproduzenten der Welt aufgestiegen. Doch nun leiden die Schieferöl-Produzenten in den USA am meisten unter dem Preisdruck. Im Gegensatz zu Saudi-Arabien und Russland kann die US-Schieferölindustrie ihre Produktionskosten nur bedingt senken. Demnach ist in den USA zu erwarten, dass es zu einer Konsolidierung am Ölmarkt kommt.
Niemand darf das Gesicht verlieren.
Deshalb ist die Expertin auch überzeugt, dass hinter den Kulissen eifrig verhandelt wird. Der Amerikanische Präsident Donald Trump habe angekündigt, dass er mit Saudi-Arabien das Gespräch suchen will. Und auch die beiden streitenden Parteien würden sich irgendwann wieder an denselben Tisch setzen. Dies müsse laut Cornelia Meyer aber «ein gut choreografierter Tanz sein, da niemand das Gesicht verlieren darf».