Tally Weijl verschickt seine Kleider direkt an seine Kundinnen. Seit dem Sommer ist das Basler Mode-Unternehmen im Online-Geschäft auf dem Schweizer Markt. «Online ist ein wichtiger Markt – ein neuer Verkaufskanal in der heutigen digitalisierten Welt», sagt CEO Beat Grüring gegenüber «ECO». Konsumenten wollten heute 24 Stunden am Tag einkaufen.
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Sein Unternehmen kämpft, wie die meisten Schweizer Modehäuser, mit sinkenden Umsätzen. Tally Weijl musste mehrere Filialen schliessen. Gründe für den Umsatzrückgang in der Branche sind der Einkaufstourismus und die riesige internationale Online-Konkurrenz.
Kampf um Brosamen
Der deutsche Online-Händler Zalando ist mit Abstand der grösste Player in diesem Markt. Den Umsatz in der Schweiz gibt Zalando nicht bekannt, er wird auf auf rund 400 Millionen Franken geschätzt. Aber auch internationale Riesen wie Inditex, zu dessen Konzern etwa Zara gehört, und H&M schneiden einen grossen Teil des Kuchens ab. Bei Tally Weijl mache der Online-Handel gemessen am Gesamtumsatz (von schätzungsweise 70 Millionen in der Schweiz) noch weniger als 1 Prozent aus. Das Wachstum sei aber beträchtlich.
Potenzial lange verschlafen
Für den Online-Handel müssten Modehändler Investitionen in Millionenhöhe tätigen, sagt Thomas Rudolph, Direktor des Forschungszentrums für Handelsmanagement an der Universität St. Gallen. Der stationäre Handel, also die Läden, müssten mit der Informatik synchronisiert werden. Die organisatorische Umstellung sei das eine. «Oft gibt es Streit und Konflikte: Manche denken: Online nimmt dem stationären Handel die Umsätze weg».
«Schweizer Modehändler haben das Potenzial im Online-Geschäft lange verschlafen», sagt E-Commerce-Unternehmensberater Thomas Lang gegenüber «ECO». «Viele wollten dieses Geschäft nie aktiv betreiben, sondern ihr traditionelles Modell, die Läden, nicht gefährden.» Es brauche heute jedoch ein Umdenken in den Chefetagen, damit Online-Strategien konsequent betrieben werden könnten.
Schweizer Markt zu klein für online?
«Das Onlinegeschäft rechnet sich nicht.» Das sagt Jörg Weber, Gründer und Geschäftsführer von Chicorée. Er produziert Billigkleider für junge Frauen, ausschliesslich für den Schweizer Markt. «Der Schweizer Markt ist zu klein und rechtfertigt die Aufwendungen innerhalb von Marketing und Logistik nicht», sagt er. Teuer seien vor allem die vielen Rücksendungen, welche zu Lasten der Händler gingen. Zalando weist eine Retourenquote von 50 Prozent aus. Weber setzt deshalb ausschliesslich auf den Verkauf in seinen Filialen, einige an gut frequentierten Lagen.
Eine kostengünstige Online-Variante hat Companys gefunden – der Schweizer Modehändler, der kürzlich Konkurs ging und nur dank eines dänischen Investors weiterbesteht. Companys verzichtet auf ein Logistikzentrum und lässt die Online-Bestellungen von seinen Verkaufs-Lehrlingen in den Filialen verpacken. Ein Geschäftsmodell, das zeigt, auf welchem Niveau sich viele Schweizer Onlinehändler bewegen: Verschickt werden ein paar Dutzend Pakete pro Tag.
Online-Experte Thomas Rudolph meint, dass sich Investitionen ins Online-Geschäft für die meisten im Moment zwar nicht lohnten. Trotzdem: «Wer nicht investiert, verliert wahrscheinlich schneller Marktanteile als erwartet.»