In Altendorf im Kanton Schwyz entsteht der Europa-Standort des Unternehmens Palantir. Das Geschäftsmodell der Firma: Daten zusammenführen und verknüpfen. Hernani Marques, Sprecher des Chaos Computer Club Schweiz, sagt, was er davon hält.
SRF News: Warum wählt diese US-Firma als Europa-Standort die Schweiz aus und was verspricht sie sich davon?
Hernani Marques: Es gibt drei Gründe. Dass der Kanton Schwyz als Standort ausgesucht wurde, hat sicherlich steuerliche Aspekte. Der zweite Grund ist unser lasches Datenschutzgesetz, mit dem kaum Bussen aussprechbar sind, wenn es zu Datenschutzkatastrophen kommt. Und ein dritter Aspekt ist der, dass von unseren Behörden nichts zu befürchten ist. Im Gegenteil, sie machen sogar bei möglichen Überwachungsspielen mit, wie wir das bei der Crypto AG auch schon hatten.
Sie haben lasche Datenschutzregelungen erwähnt. Können Sie ein Beispiel machen?
In der EU gibt es die Datenschutzgrundverordnung. Wenn es da zu einer Datenschutzkatastrophe mit Personendaten kommt, kann man die Unternehmung auf bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes büssen. Bei uns kann man die Unternehmensleitung nur bis zu einer Viertelmillion büssen. Ich sage nur, weil man nachweisen muss, dass der Fahrlässigkeit oder gar Absicht im Spiel ist, was in der Praxis schwierig sein wird. Man wird einfach sagen, dass irgendein Mitarbeiter schuld sei. In der Schweiz kann man quasi recht günstig Daten verlieren.
Die Kundenliste von Palantir liest sich wie das Who-is-Who des ganzen militärisch-industriellen Komplexes.
Palantir wurde zu Beginn von der CIA mitfinanziert. Ist es anrüchig, wenn eine Firma mit einem Geheimdienst zusammenarbeitet?
Das eine ist, dass die Kundenliste von Palantir praktisch schon aus Polizei und Geheimdiensten im westlichen Raum besteht. Das liest sich wie das Who-is-Who des ganzen militärisch-industriellen Komplexes. Das andere ist, dass es schon etwas bedeutet, wenn die CIA von Anfang an dabei ist. Das war auch bei Facebook der Fall, und bei der Crypto auch, und in allen Fällen wissen wir aus verschiedenen Enthüllungen, dass diese Daten auch entsprechend ausgewertet werden.
Es läuft alles über die Infrastruktur von Palantir. Sie sammeln alle Daten.
Palantir ist als Anbieterin von Software-Programmen für viele westliche Geheimdienste und Polizeicorps an der Schaltstelle. Ist es nicht sinnvoll, die Synergien zu nutzen?
Aus Sicht von Palantir ist es mit Sicherheit so. Sie haben sich sehr gut positioniert, sie sind quasi überall schon drin. Es ist nicht so, dass man die Software herunterladen könnte und bei sich lokal laufen lässt. Es läuft alles über die Infrastruktur von Palantir. Sie sammeln alle Daten und machen eine globale Analyse von allem, was ihnen in die Finger kommt.
Nicht nur Geheimdienste sind Kunden von Palantir, auch Schweizer Banken sind es. Was versprechen sich Unternehmen von einer Zusammenarbeit mit Palantir?
Bei Banken erstaunt das nicht, weil Palantir von Anfang an darauf spezialisiert war, Finanztransaktionen zu analysieren. Peter Thiel vom Finanzdienstleister Paypal ist auch der grösste Investor. Da geht's ebenfalls um Überwachung: Wer überweist wem was? Wie viel? Die Unternehmen erhoffen sich Informationsvorteile, werden aber selbst veräppelt. Denn sie haben den Informationsvorsprung nicht allein, sondern Palantir hat ihn, und damit die US-Geheimdienste. Die USA sind in der besten Position.
Das Gespräch führte Adam Fehr.