Seit Wochen gibt die Massnahme der Nationalbank, den Euro-Franken-Mindestkurs aufzugeben, zu reden. Im Januar hat die Nationalbank zusätzlich negative Zinsen auf Geld eingeführt, das bei ihr deponiert wird. Das Ziel damals: den Franken zu schwächen.
Die Negativzinsen seien denn auch bestimmt in gewissem Umfang schuld daran, dass der Franken nach dem ersten Schock nicht noch stärker sei, hält UBS-Chefökonom Daniel Kalt fest. Gleichzeitig weist er aber auch auf schädliche Nebenwirkungen langfristig negativer Zinsen hin: «Sparen wird bestraft, sich Verschulden wird belohnt.»
Negativzinsen fördern Stellenabbau
Weil Kredite günstig zu haben sind, während Arbeitskräfte teurer werden, bauen Schweizer Unternehmen weiterhin Stellen ab oder verlagern sie ins günstigere Ausland. Konkret könne Arbeitslosigkeit in der Schweiz bis 2017 von derzeit über drei auf über fünf Prozent ansteigen, je nach Entwicklung der Weltwirtschaft.
Auch das Geschäft der Banken selbst werde durch die Negativzinsen belastet, meint der Bankökonom. Einerseits sei es schwierig negative Zinsen an die Kunden weiterzugeben, anderseits müssten die Banken sich für viel Geld absichern gegen das steigende sogenannte Zinsänderungsrisiko.
Klassisches Bankgeschäft gefährdet
Heute nehmen sie relativ tiefe Zinsen ein auf Hypotheken, die sie auf lange Frist vergeben: «Wenn das allgemeine Zinsniveau in vier, fünf Jahren einmal stärker steigen sollte, müssen die Sparkonten höher verzinst werden. Aber diese Hypotheken, die auf zehn Jahre mit sehr tiefen Zinsen vergeben wurden, werfen natürlich nicht höhere Zinsen ab», führt Kalt aus. Damit könne das klassische Bankgeschäft sogar unrentabel werden, was einige Banken zusätzlich unter Druck setzen könnte.
Und nicht zuletzt sind die Negativzinsen auch für die Altersvorsorge ein Problem. Insbesondere Pensionskassen suchen bereits jetzt verzweifelt nach Möglichkeiten, ihr Geld zwar sicher, aber dennoch so anzulegen, dass es genügend Rendite abwirft, um den immer länger lebenden Menschen ihre garantierte Rente auszubezahlen.
Das Tiefzinsumfeld und die Tatsache, dass auch sie auf ihren Konti bei der Nationalbank Negativzinsen bezahlen müssen, könnte viele Kassen in ernsthafte Schwierigkeiten bringen, ist der UBS-Ökonom überzeugt.
Negativzinsen – folgenschwer, aber notwendig?
Lohnt sich die Massnahme Negativzinsen angesichts all dieser möglichen negativen Folgen dennoch? Kalt weicht aus: «Das ist ein Abwägen, und zwar ein unsicheres», sagt der Bankökonom. Schliesslich hänge es vom Szenario ab, das man bei der Frage zeichne, wie schnell die Zinsen wieder in den positiven Bereichen gingen.
Die Kosten der Massnahme Negativzinsen werden bislang allgemein unterschätzt. Ob der Nutzen trotzdem überwiegt, werden wir wohl erst im Rückblick sagen können.