Es tönt zwar technisch, doch die Konsequenzen auf Pensionskassen-Renten sind so gravierend, dass sich jeder mit dem Thema auseinandersetzen sollte. Vor allem für die Renten von Frauen, die Teilzeit arbeiten. Die Rede ist vom sogenannten Koordinationsabzug, der die Renten von AHV und Pensionskasse koordiniert.
AHV und Pensionskasse wirken zusammen
Doch um was geht es genau? AHV und Pensionskassen-Rente zusammen sollen Versicherten nach der Pensionierung rund 60 Prozent ihres letzten Lohnes garantieren. Dies gilt für Löhne im sogenannten «BVG-Obligatorium» mit einer Obergrenze von rund 85'000 Franken. Davon wird derjenige Teil des Lohns abgezogen, der von der AHV obligatorisch versichert ist: Aktuell sind das rund 25'000 Franken – der sogenannte Koordinationsabzug. Der von der Pensionskasse versicherte Lohn, auf welchem Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Sparbeiträge zahlen, beträgt in diesem Fall 60’000 Franken. Man spricht vom «koordinierten Lohn».
Vor allem Frauen sind im Nachteil
Für Angestellte in Teilzeitarbeit – das sind oft Frauen - wirkt sich der heutige Koordinationsabzug nachteilig aus. Gemäss Bundesamt für Statistik sind in der Schweiz rund 1,1 Millionen Frauen teilzeitbeschäftigt. Über 460'000 von ihnen mit einem Pensum von weniger als 50 Prozent.
Verdient eine Angestellte mit Teilzeitpensum beispielsweise 50'000 Franken, ist wegen des Koordinationsabzugs nur ein Lohnanteil von 25'000 Franken durch die Pensionskasse versichert. Das heisst, nur darauf werden die Sparbeiträge erhoben. Würde der Koordinationsabzug von den erwähnten 25'000 Franken auf die Hälfte gesenkt, so stiege der von der Pensionskasse versicherte Lohnanteil an: Statt 25'000 wären es 37'500 Franken.
Koordinationsabzug unterschiedlich gehandhabt
Das Wirtschaftsmagazin «ECO» hat 21 grosse Pensionskassen und Sammelstiftungen exklusiv zur Handhabung und zur Höhe des Koordinationsabzugs befragt.
Daraus ergibt sich: Schätzungsweise - genaue Daten sind nicht verfügbar - die Hälfte der Pensionskassen und weiteren Vorsorgeeinrichtungen arbeiten bereits heute mit einem tieferen Koordinationsabzug und passen ihn an den Beschäftigungsgrad an.
Bemerkenswert: Die Pensionskasse des Pharmakonzerns Roche und diejenige von Swisscom kennen gar keinen Koordinationsabzug mehr. Und nahezu alle Vorsorge-Einrichtungen passen den Koordinationsabzug der Höhe des Beschäftigungsgrades an.
Sozialpartner schlagen Halbierung vor
Im Rahmen der Pensionskassenreform haben sich der Arbeitgeberverband und der Schweizerische Gewerkschaftsbund im Sommer 2019 auf eine Halbierung des Koordinationsabzugs geeinigt, das heisst eine Senkung auf rund 12'500 Franken.
Gabriela Medici, Leiterin Sozialversicherungen Gewerkschaftsbund, begrüsst dies, da Teilzeitarbeitende so besser versichert sind. «Dadurch gibt es einen verbesserten Lohnanteil in der zweiten Säule, der auch bezahlbar bleibt.»
Reformpaket wird noch 2019 diskutiert
Roland Müller, Direktor des Arbeitgeberverbandes, hofft, dass der historische Kompromiss vom Parlament ohne viele Veränderungen übernommen wird. «Wenn die Politik einzelne Teile streicht oder ändert, dann passt der Kompromiss nicht mehr zusammen und verliert seine Unterstützung bei den Beteiligten», begründet er.
Das Reformpaket der Sozialpartner zur zweiten Säule kommt noch vor Weihnachten in die politische Vernehmlassung.