- Der Bundesrat hat entschieden, dass die Postfinance eine vollwertige Geschäftsbank werden darf.
- Dazu soll die Post die Kontrollmehrheit an der Postfinance abgeben.
- Für die Herauslösung der Postfinance aus dem Postkonzern bedarf es einer Änderung des Postgesetzes.
Der Bundesrat erweitert damit die Teilrevision des Postorganisationsgesetzes um einen Punkt, der in der Vernehmlassung für Bedenken in Bezug auf Verfassungsmässigkeit, Wettbewerbsneutralität, Föderalismus und Finanzmarktstabilität gesorgt hatte.
Ursprünglich war bei Postfinance lediglich die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots und eine Teilprivatisierung vorgesehen gewesen. Nun geht der Bundesrat also einen Schritt weiter und strebt eine komplette Privatisierung an. Er möchte die Vorgabe, dass die Post die kapital- und stimmenmässige Mehrheit an Postfinance halten muss, aus dem Gesetz streichen.
Weiter will der Bundesrat die Post bei der Umsetzung der Too-big-to-fail-Gesetzgebung unterstützen. Als systemrelevante Bank müsse die Postfinance erhöhte Anforderungen an die Eigenmittelausstattung erfüllen. Die geforderten Eigenmittel könnten die Post und Postfinance nicht voll und zeitgerecht aus eigener Kraft bereitstellen.
Deshalb soll die Eidgenossenschaft im Gesetz als Eigentümerin zusichern, dass sie im Konkursfall die verbleibende Eigenmittellücke deckt. Die Zusicherung soll zeitlich und betragsmässig begrenzt werden.
Zuspruch und Gegenwind als Reaktion
Reaktionen liessen nicht lange auf sich warten. Für die FDP ist die Postfinance-Privatisierung der einzige und darum richtige Weg für einen fairen Wettbewerb im Kredit- und Hypothekarmarkt. Die FDP könne einer Aufhebung des Verbots nur in Verbindung mit einer vollständigen und konsequenten Privatisierung zustimmen.
Für die Bankiervereinigung sei die Postfinance-Privatisierung ein Schritt in die richtige Richtung. Entscheidend sei, dass die Aufhebung des Kredit- und Hypothekenverbots zwingend mit einem «verbindlichen Pfad für eine Privatisierung» verbunden werde.
Die SP dagegen hält angesichts des Tiefzinsumfelds nichts von einer Privatisierung der Postfinance. Sie möchte, dass die Postfinance als Garantin des Zahlungsverkehrs neu aufgestellt wird und als Klimabank dem Gesamtwohl dienen soll.
Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) äussert sich kritisch. Die Postfinance habe einen Grundversorgungsauftrag und gehöre als Teil der Post der Allgemeinheit. Die Post funktioniere nur als geschlossenes Geschäftsmodell, lässt sich der Gewerkschaftsbund zitieren.
Die Mitte anerkennt, dass die Postfinance vor grossen Herausforderungen steht. Einer alleinigen Aufhebung des Kredit- und Hypothekarvergabeverbots steht sie aber kritisch gegenüber. Die Entscheidung des Bundesrats, den Eintritt von Postfinance in den Kredit- und Hypothekarmarkt durch die Abgabe der Kontrollmehrheit der Post – und damit indirekt des Bundes – an Postfinance zu flankieren, sei grundsätzlich ein gangbarer Weg. Es bleibe aber abzuwarten, wie genau der Bundesrat diese Teilprivatisierung vorsehe.
Wie geht es weiter?
Die Herauslösung von Postfinance aus dem Postkonzern macht eine Neuorganisation der Grundversorgung mit Post- und Zahlungsverkehrsdienstleistungen nötig. Vorgängig muss dafür das Postgesetz geändert werden. Der Bund will noch im laufenden Jahr konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Grundversorgung im Bereich von Post- und Zahlungsverkehrsdienstleistungen erarbeiten.