Tiere fressen hochwertiges, proteinreiches Futter, das als Lebensmittel dienen könnte. Alexander Mathys, Professor für nachhaltige Lebensmittelverarbeitung an der ETH Zürich, kritisiert das: «In der Schweiz importieren wir jährlich über 290'000 Tonnen Soja. Das meiste davon geben wir unseren Tieren zu fressen, um die ganze Fleischproduktion zu realisieren.»
Eine Alternative könnten Schwarze Waffenfliegen sein. Alexander Mathys und sein Team an der ETH Zürich und dem Wasserforschungsinstitut Eawag in Dübendorf erforschen ihre Larven: «Das wirtschaftliche Potential der Larven der Schwarzen Waffenfliege liegt darin, dass sie organischen Abfall in hochwertige Proteine und Fette konvertieren können.» Die Larven könnten als nachhaltigeres Futtermittel genutzt werden – beispielsweise für Geflügel oder Aquakulturen.
Ein grosses Problem von Aquakulturen heute ist, dass sie zur Überfischung der Weltmeere beitragen. Denn zur Fütterung der Zuchtfische werden zum Teil wildgefangene Fische verwendet. Aus schätzungsweise 15 Millionen Tonnen Fisch pro Jahr wird Fischmehl produziert. Ein ökologischer Unsinn. Und eine ökonomische Chance, denn Fische können auch mit Insekten gefüttert werden. So liesse sich der Verbrauch von Fischmehl senken.
Das wirtschaftliche Potential der Larven der Schwarzen Waffenfliege liegt darin, dass sie organischen Abfall in hochwertige Proteine und Fette konvertieren können.
Laut Alexander Mathys ist das wirtschaftliche Potential der Schwarzen Waffenfliege enorm: «Wir stehen nicht in Konkurrenz mit existierenden landwirtschaftlichen Nutzungsformen und wir können die Tiere in grosser Anzahl auf kleinem Raum züchten.» Wirtschaftlich interessant würde die Produktion von Larven vor allem dann, wenn es das Gesetz erlauben würde, organische Abfälle aus der Landwirtschaft oder der Lebensmittelproduktion an die Insekten zu verfüttern.
Algen als Proteinquelle
Nicht nur Insekten-Larven sind reich an Proteinen, sondern auch Algen. Chlorella-Algen beispielsweise weisen einen Proteinanteil von über 50 Prozent auf - mehr als Eier oder Fleisch. Die Firma Roquette Klötze hat als eine der ersten Firmen in Europa vor 17 Jahren auf Algen gesetzt. Heute wachsen 50 Tonnen Algen-Biomasse in 500 km Glasröhren auf einer Fläche von 1.2 Hektar pro Jahr.
Zum Vergleich: Auf derselben Fläche könnten lediglich sieben oder acht Tonnen Weizen hergestellt werden. Geschäftsführer Jörg Ullmann: «Wir stellen ein gutes Dutzend verschiedene Mikroalgen her. Ein Grossteil davon geht in den Bereich Nahrungsergänzungsmittel als Pulver oder als Pressling.»
Algen als Lebensmittel werden seit rund 65 Jahren erforscht. Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte die Weltgesundheitsorganisation WHO fest, dass ein Viertel der Weltbevölkerungunter Proteinmangel litt. Man begann, Algen mit einem hohen Proteingehalt wie Spirulina oder Chlorella zu erforschen.
Weil viele Algen aber nicht schnell genug wachsen, um industriell genutzt zu werden, forschen Alexander Mathys und sein Team an der ETH auch in diesem Bereich. Das Ziel ist, das Wachstum der Algen mit Hochspannungsimpulsstimulation zu beschleunigen.
Algen sind ein Lebensmittel der Zukunft, weil wir hier riesige Potentiale haben
Das Potential von Algen ist riesig: «Aus Mikroalgen können wir sehr interessante Fleischersatzstoffe herstellen», sagt Alexander Mathys. «Wir haben die Möglichkeit, die Algenproteine in fleischähnliche Strukturen zu bringen und so eine pflanzlich basierte, proteinreiche Ernährung zu ermöglichen und so den Fleischkonsum zu senken.»
Dem pflichtet Jörg Ullmann bei: «Algen sind ein Lebensmittel der Zukunft, weil wir hier riesige Potentiale haben und wir gerade erst dabei sind, diese zu begreifen und zu heben.» Roquette Klötze macht einen Umsatz im einstelligen Millionenbereich. Nächstes Jahr nimmt die Firma eine neue Produktionsanlage in Betrieb.