4,5 Milliarden US-Dollar: So viel hat Glencore im Bergbaugeschäft insgesamt bezahlt an Regierungen in Form von Gebühren, Steuern oder Lizenzen. Gewisse Informationen darüber habe der Schweizer Konzern als börsenkotiertes Unternehmen schon früher publiziert, erklärt Anna Krutikov, Leiterin des Bereichs Nachhaltige Entwicklungen. Doch der jüngste Bericht sei viel detaillierter.
Im Bericht stehe zum Beispiel auch, welche Regierungsstufe Geld erhalte: So könnten die Leute vor Ort nachvollziehen, wie die Erträge aus der Gewinnung von Rohstoffen in ihrem Land eingesetzt werden. In den Fokus gerückt hat der Zuger Rohstoffkonzern seine Zahlungen in der Demokratischen Republik Kongo. Dort betreibt Glencore grosse Minen und geriet in den letzten Monaten in die Schlagzeilen. Anfang Juli wurde bekannt, dass die US-Justiz wegen Korruptionsvorwürfen unter anderem im Kongo ermittelt.
Zwischen diesen Untersuchungen und dem jüngsten Bericht von Glencore gebe es keinen direkten Zusammenhang, stellt Krutikov klar. Aber sie räumt ein, das Interesse an mehr Transparenz sei gross – gerade auch im Kongo. Deshalb lege man nun Fakten auf den Tisch, um wegzukommen von Spekulationen und Anschuldigungen. Anna Krutikov macht ein Beispiel: 73 Millionen seien in Strassensteuern für Infrastrukturbauten geflossen.
Für diesen Bericht hat Glencore mit Nichtregierungsorganisationen zusammengearbeitet. Sie sind in der Regel scharfe Kritiker internationaler Konzerne. Man habe im Bericht versucht, Antworten auf deren kritische Fragen zu liefern. Solche Fragen stellt auch das Schweizer Hilfswerk Swissaid. Die neue Transparenz des Konzerns stösst bei Sprecherin Zora Schaad auf offene Ohren: «Grundsätzlich begrüssen wir natürlich jeden Schritt, der in Richtung Transparenz weist.»
Glencore soll Zahlungen über 100'000 Franken in jedem Fall öffentlich ausweisen.
Weitere Schritte müssten nun aber folgen: «Unsere Forderung wäre, dass Glencore die Zahlungen Geschäft für Geschäft ausweist und Zahlungen über 100'000 Franken in jedem Fall öffentlich gemacht werden.» Es brauche also noch viel genauere Angaben.
Ähnlich sieht das Joseph Williams vom Natural Resource Governance Institute in London. Die Organisation hat sich auf die Finanzströme von Rohstoffunternehmen spezialisiert. Er pickt eine Zahl aus dem Bericht heraus: «Erstmals überhaupt hat Glencore offengelegt, dass man weltweit Öl von staatlichen Unternehmen bezieht für über zwölf Milliarden Dollar.»
Öl, das teilweise auch direkt verwendet wird anstelle von Geld, um Lizenzen oder Schürfrechte von Staaten zu kaufen. Pikant daran: Solche Zahlungen mit Rohstoffen lassen sich in Staatsrechnungen nur schwer zurückverfolgen. Sie gelten deshalb als willkommene Währung für korrupte Politiker.
Ein weiteres Problem stellt für Finanzspezialist Williams dar, dass Glencore nur Zahlungen ausweist, die an sogenannte EITI-Staaten gegangen sind: Das sind Staaten, die sich zu mehr Transparenz im Rohstoffgeschäft verpflichtet haben. Doch viele wichtige Staaten wie zum Beispiel Russland würden da nicht mitmachen.
Und so verweist Williams auf eine weitere grosse Zahl: Elf Milliarden Dollar. So viel zahlte Glencore letztes Jahr an solche Staaten – ohne offenzulegen, wer genau das Geld erhielt. Dazu fehle die rechtliche Grundlage, heisst es bei Glencore. Und das ist fast achtmal mehr als die deklarierten Zahlungen.
Dennoch: Der Schweizer Rohstoffkonzern-Multi öffnet sich, wenn vorerst auch nur einen Spalt breit. Und das nicht ganz uneigennützig. Auch Glencore dürfte verstanden haben, dass die branchenübliche Verschwiegenheit in der Weltöffentlichkeit immer schlechter ankommt.