Der Streit um eine Frührente für Bauarbeiter geht weiter. Am Samstag gehen Bauarbeiter in Zürich auf die Strasse, um für eine Rente mit 60, für mehr Lohn und einen besseren Schutz für ältere Bauarbeiter zu demonstrieren.
Die Gewerkschaften warnen vor dem «Angriff auf die Würde der Bauarbeiter». «Die Bauarbeiter gehen mit 60 in Rente, weil sie körperlich verbraucht sind und die Firmen ihnen gar keine Stellen mehr anbieten», erklärte Nico Lutz, Sektorleiter Bau der Gewerkschaft Unia, an einer Medienkonferenz in Bern.
Immer noch erhebliche Gesundheitsrisiken
Der technische Fortschritt der letzten Jahrzehnte hat die Arbeitsrisiken auf dem Bau deutlich eingedämmt. Gefährliche Tätigkeiten, die früher Menschen ausgeführt haben, werden heute vermehrt von spezialisierten Robotern und Maschinen übernommen.
Dennoch bringt die Arbeit auf dem Bau noch immer erhebliche Gesundheitsrisiken mit sich. Das zeigen Recherchen von «10vor10». Laut der Krankenversicherung Helsana sind Bauarbeiter über 45 Jahre häufiger krank als Beschäftigte in anderen Branchen.
Auch das Unfallrisiko auf dem Bau ist nach wie vor virulent. Der Baumeisterverband betont zwar, dass der Schutz der Bauarbeiter durch Investitionen in Prävention, Ausbildung und Arbeitskleidung in den letzten zehn Jahren gesunken sei. Dennoch verunfallt gemäss Erhebungen der Suva noch immer jedes Jahr ein Sechstel der Arbeiter auf Baustellen.
Invaliditätsrisiko steigt mit zunehmendem Alter
Hingegen nehmen Arbeitsunfälle auf dem Bau mit zunehmendem Erwerbsalter kontinuierlich ab. Die längere Arbeitserfahrung vermag aber die gesundheitlichen Folgen des strengen Arbeitsalltags auf dem Bau nicht zu kompensieren.
Je älter die Bauarbeiter, desto stärker widerspiegeln sich die andauernden körperlichen Belastungen in den Invaliditätszahlen der Suva. Die Gruppe der ältesten Arbeitnehmenden (50 bis 59 Jahre) weist ausserdem das höchste Todesfallrisiko auf. Im letzten Jahrzehnt ereigneten sich in dieser Alterskategorie 59 tödliche Arbeitsunfälle.
Der Arbeitsmediziner Urs von Rotz stellt insbesondere in Zusammenhang mit Muskel-Skelett-Erkrankungen ein erhöhtes Invaliditätsrisiko für Bauarbeiter fest. Auch Lungenerkrankungen, bedingt durch alltägliche Staub- und Dampfbelastungen, traten in der Vergangenheit im Vergleich mit anderen Berufsgruppen deutlich häufiger auf.
Die Frage der Verantwortung
Unbestritten ist, dass die Arbeit auf dem Bau längerfristig nicht gesund ist. Entsprechend wichtig ist, dass alle Beteiligten darauf bedacht sind, den dauernden Risiken bei der Arbeit entgegen zu wirken. Benedikt Koch, Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbands, sieht insbesondere die Arbeitnehmer in der Pflicht: «Bauarbeitende sollten auf der Baustelle mit ihren Vorgesetzten mögliche Massnahmen diskutieren und umsetzen.»
Aus Sicht der Arbeitsmediziner sind bezüglich Sicherheit auf den Baustellen primär die Arbeitgeber in der Pflicht. Der Arbeitsmediziner Urs von Rotz spricht von «zahlreichen Risiken, die durch die Arbeit bedingt sind», welche eine erhöhte Aufmerksamkeit der Betriebe erfordere.