Seit einem halben Jahr hat der Gegenwind spürbar zugenommen – die inhaltliche Kritik am Journalismus-Projekt «Republik» wird lauter und häufiger. «Das spricht für die ‹Republik›: Wir sind angekommen, werden ernst genommen – und auch bekämpft», sagt Mitgründer und Co-Chefredaktor Christof Moser. Bei der Kritik ging es zuerst um Unschärfen in einer Reportage aus den USA. Gleich mehrere Medien, unter anderem der «Schweizer Journalist», mischten sich in den Streit um Faktentreue ein.
Danach sorgte ein Artikel über die SVP-Politikerin Magdalena Martullo-Blocher für Diskussionen über korrektes journalistisches Arbeiten. «3 Seiten, 30 Lügen» hiess der Artikel in der «Republik». Es folgten ausführliche Wortgefechte zwischen Redaktion, Kritikern und Lesern; etwa bei der «Medienwoche» in den Kommentarspalten.
ETH-Fall kommt vor Gericht
Jüngst sorgte eine mehrteilige Artikelserie über einen Mobbing-Fall an der ETH für Kontroversen. Die ETH selbst hat Ende Juni beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen das Magazin eingereicht. Und auch langjährige Medienjournalisten wie Nick Lüthi, der die Entwicklung des Falles beobachtet, sprechen davon, dass der «Republik» Fehler passiert seien.
«Auch die umfassendste Recherche ist nicht über alle Zweifel erhaben», stellt Lüthi fest. «Republik»-Mitgründer Moser weist die Vorwürfe zurück. Er habe keine Kenntnisse von Fehlern, sagt er.
Wofür steht die «Republik»?
Die lauter werdende Kritik sei dabei nur bedingt berechtigt, sagt der Journalist Lüthi. Die «Republik» habe die Latte für Journalismus sehr hoch gelegt, deshalb werde bei ihr auch sehr genau hingeschaut. Sie sei also quasi an der Kritik auch selber schuld. So hatte man beim Start gross verkündet, man wolle den Journalismus neu erfinden. Das ist man bei der «Republik» bis heute schuldig geblieben.
Für NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler fehlt der «Republik» auch die USP – ein Alleinstellungsmerkmal. Noch immer sei unklar, für was genau das Magazin stehe. Auch hadere man weiterhin mit den gleichen Problemen wie beim Start – dem unerfüllten Versprechen einer Neuerfindung. «Ihr lauter Einstieg steht ihnen immer noch zwischen den Beinen», so Stalder.
Abonnenten müssen Finanzierung erneuern
Die «Republik» nimmt die Kritik gelassen. Man könne sich nicht über geringes Interesse an den eigenen Geschichten beklagen, sagt Moser. Unzufrieden seien vor allem die Journalistinnen und Journalisten der anderen Medien, «die auf ihren Zeitungsseiten nicht länger als 3000 oder 4000 Zeichen lang sein dürfen». Sie seien wohl «ein bisschen wütend», weil die «Republik» ein Thema vertiefter behandeln könne. Doch bei den Leserinnen und Lesern seien die Reaktionen durchaus positiv.
Ob Moser recht hat, wird sich in den nächsten Wochen zeigen, denn es steht eine neue Finanzierung an. Es geht also darum, ob und wie viele Abonnentinnen und Abonnenten der «Republik» ein weiteres Jahr treu bleiben.