Die Schweizer Rohstoffunternehmen leisten ihren Beitrag am Schweizer Wohlstand. Nichtsdestotrotz befindet sich das Image der Branche laut einer Reputationsanalyse auf einem Tiefpunkt: Laut der Studie des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (FÖG) verfügen die Konzerne landesweit über das tiefste Ansehen. SRF News zeigt, woran die Branche krankt.
Steuerehrlichkeit
2011 veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Public Eye das Buch «Rohstoff – das gefährlichste Geschäft der Schweiz». Darin werfen die Autoren den Rohstoffunternehmen vor, Steueroptimierung zu betreiben. Demnach sollen die global tätigen Unternehmen beispielsweise Milliardengewinne aus der Förderung und dem Verkauf der Rohstoffe an Tochtergesellschaften auf Steuerparadiesen wie der Karibikinsel Bermudas überweisen. Im Zuge dieser Gewinnabschöpfung entgingen den Entwicklungsländern Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Die Rohstoffbranche selbst bestreitet die Steuervermeidungsstrategie.
Wie viel Steuern die Rohstoffkonzerne dem Schweizer Fiskus abliefern, wollen die betroffenen Unternehmen nicht preisgeben. Immerhin: Der Rohstoffhandelskonzern Trafigura überweist laut eigenem Geschäftsbericht den globalen Steuerbehörden jährlich zwischen 10 bis 20 Prozent des erwirtschafteten Gewinns.
Korruption
Rohstoffkonzerne fördern Gold, Silber, Kupfer oder Öl meist in Staaten, in welchen die Rechtstaatlichkeit in den Kinderschuhen steckt. Mehreren Studien zufolge der ideale Nährboden für Korruption. Deshalb haben die USA ihre Rohstoffunternehmen dazu verpflichtet, Zahlungen an Regierungsstellen offenzulegen – und jetzt will die Schweiz im Rahmen der Aktienrechtsrevision gleichziehen. Das Parlament wird voraussichtlich diesen Sommer über eine entsprechende gesetzliche Bestimmung beraten.
Die Schweiz und die Branche braucht eine Rohstoffmarktaufsicht.
Auf internationaler Ebene gibt es die Initiative «Extractive Industries Transparency Initiative» (EITI). Dieser Initiative haben sich Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Unternehmen und Staaten angeschlossen. Sie haben vereinbart, Zahlungen von Rohstoffunternehmen offenzulegen und fordern die Branchenvertreter auf, dasselbe zu tun. Die Initiative basiert allerdings auf Freiwilligkeit.
Deshalb fordert Andreas Missbach von der Nichtregierungsorganisation Public Eye für Rohstoffunternehmen schärfere Regulierungen. «Die Schweiz und die Branche braucht eine Rohstoffmarktaufsicht – analog zur bereits existierenden Finanzmarktaufsicht Finma.»
Umweltverschmutzungen
2006 entsorgte Trafigura gegen 500 Tonnen an Giftmüll auf öffentlichen Grund in der Elfenbeinküste. An den Folgen starben laut Angaben der UNO 16 Personen. Über 100'000 Menschen beklagten Gesundheitsschäden und zogen gegen den Rohstoffhandelskonzern vor Gericht. Das Milliardenunternehmen leistete Entschädigungszahlungen von rund 500 Millionen Dollar und verpflichtete sich, die Mülldeponie zu säubern.
Für Andreas Missbach von Public Eye steht der Fall dennoch stellvertretend für die Umweltsünden der Branche. «Wenn Firmen nicht die besten verfügbaren Technologien und Praktiken einsetzen, um die Rohstoffe abzubauen, sind Umweltkatastrophen vorprogrammiert,» sagt Missbach.
Menschenrechtsverletzungen
Rohstoffhändler gerieten in den vergangenen Jahren seitens von NGOs immer wieder wegen Menschenrechtsverletzungen unter Druck – wie 2012 Glencore. Damals warfen die Hilfsorganisationen «Brot für Alle» sowie das «Fastenopfer» dem Zuger Rohstoffhändler in einer Studie vor, Hygienevorschriften in kongolesischen Kupferminen ihrer Zwischenhändler zu missachten. Darüber hinaus soll es in den Schürfregionen zu Kinderarbeit gekommen sein. Glencore bestreitet die Vorwürfe.
Andreas Missbach will indes Rohstoffunternehmen verstärkt in die Pflicht nehmen. Dazu haben 60 Nichtregierungsorganisationen die Konzernverantwortungsinitiative lanciert. Diese sieht eine rechtlich verbindliche Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Menschenrechte und die Umwelt für Unternehmen mit Sitz in der Schweiz vor. Die Rohstoffbranche sieht im Volksbegehren eine Gefahr für die eigene Wettbewerbsfähigkeit und befürchtet bei Annahme der Initiative Nachteile für den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Nahrungsmittel-Spekulation
Letztes Jahr hat das Schweizer Stimmvolk die Nahrungsmittel-Initiative der Jungen Sozialdemokraten abgelehnt. Die Kontroverse um «Nahrungsmittel-Spekulation» ist hingegen geblieben. Einzelne Ökonomen und NGOs werfen den Rohstoffhändlern vor, die Nahrungsmittelpreise zusammen mit Banken und Hedge Fonds sowie mit Hilfe von Absicherungsgeschäften auf den Terminmärkten zu manipulieren – zugunsten der eigenen Gewinnmaximierung. Die Folge: Die Preisschwankungen im Nahrungsmittelsektor würden den Hunger in Entwicklungs- und Schwellenländern befördern.
Die Limitierung der Termingeschäfte würde den Produzenten in der Dritten Welt eine bessere Planungssicherheit bieten.
Die Rohstoffkonzerne bestreiten, die Nahrungsmittelpreise auf dem Rücken der Dritten Welt zu bewegen. Überdies fehlen empirische Daten, welche die Beschuldigungen der NGOs erhärten. Lorenz Kummer von Swissaid fordert dennoch, Spekulation mit Nahrungsmitteln einzudämmen. «Eine Limitierung der Anzahl von Termingeschäften und Risikoabsicherungen würde die Preisvolatilität der Nahrungsmittel dämpfen – und somit den Produzenten in der Dritten Welt eine bessere Planungssicherheit bieten.»