Worum es geht: Der Konzern Trafigura, Öl- und Metallhändler mit zentralem Handelssitz in Genf, musste sich im Dezember vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona wegen Korruption verantworten. Eine Premiere - noch nie wurde einem Rohstoffkonzern in der Schweiz wegen Korruption der Prozess gemacht. Andere grosse Firmen wie Glencore oder Gunvor erhielten nur Strafbefehle wegen Bestechung und mussten zahlen. Ein Prozess und damit viel negative PR blieb ihnen erspart. Trafigura dagegen musste hinnehmen, dass während acht Prozesstagen Details ausgebreitet wurden, die viel über das sonst so verschwiegene Rohstoffgeschäft erzählen. An diesem Freitag wird das Bundesstrafgericht in Bellinzona das Urteil bekannt geben.
So lautet die Anklage: Gemäss Bundesanwaltschaft sollen hochrangige Mitarbeiter und Mittelsmänner des Konzerns zwischen 2009 und 2011 knapp fünf Millionen Franken Schmiergeld an einen angolanischen Amtsträger bezahlt haben, um im Ölgeschäft Angolas Fuss fassen zu können. Der Konzern selbst soll zu wenig getan haben, um Korruption durch Mitarbeiter zu verhindern.
Das stand auf dem Spiel: Im Wesentlichen geht es um den Ruf von Trafigura, einem Rohstoffkonzern mit über 200 Milliarden Umsatz. Trafigura selbst sieht sich als Unternehmen, das alle Teile der globalen Lieferkette zusammenbringt und sich in alle Weltregionen traut. Im Prozess dominierten jedoch andere Fragen: Wie sauber geschäften Rohstoffhändler auch in schwierigen Regionen? Unternehmen sie genug gegen Korruption?
Das hat der Prozess gezeigt: Der Prozess habe einen Einblick ins Herz des Rohstoffhandels gegeben, sagt Federico Franchini. Er ist Rechercheur beim Genfer Onlinemagazin Gotham City, das sich auf Wirtschaftskriminalität spezialisiert hat, und hat den Prozess begleitet. «Man konnte, Verträge, Rechnungen, Nachrichten, E-Mails sehen, die zeigten, wie Trafigura arbeitete», sagt Franchini. Wie auch andere Rohstoffhändler hat Trafigura Vermittler eingesetzt, die für den Konzern schwierige Gebiete erschlossen - beispielsweise Angola im Südwesten Afrikas.
Das ist das Schema: Gemäss Anklageschrift hat Trafigura Angelegenheiten an Mittelsmänner delegiert, die nicht sauber waren. Das Schmiergeld floss demnach erst an einen Mittelsmann, dann auf ein Offshore-Konto, auf das der Mann aus Angola Zugriff hatte. Etwa zeitgleich konnte Trafigura Fuss fassen im angolanischen Ölbusiness. Für die Bundesanwaltschaft zeigt sich hier ein Korruptionsschema «aus dem Lehrbuch». Und auch Beobachter Federico Franchini findet: Ein Konzern, der von sich behauptet, gute Anti-Korruptions-Instrumente zu haben, hätte hier stutzig werden müssen: «Angola, Ölsektor, ein Mittelsmann: Das allein sind schon drei Hinweise, dass man hier vorsichtig sein muss.»
Abschied von Methode Mittelsmann: Grundsätzlich gebe es legitime Gründe, Mittelsmänner einzusetzen, sagt eine Sprecherin von Trafigura. Dennoch arbeite man seit 2019 nicht mehr mit solchen Vermittlern – eine risikobasierte Entscheidung, so die Sprecherin. Trotzdem machten die Verteidiger im Gericht klar: Dass die Zahlungen in Angola zur Bestechung dienten, hätten der Konzern und das ehemalige Konzernleitungsmitglied Wainwright nicht gewusst. Am Freitag wird das Gericht bekannt geben, ob es dieser Argumentation Glauben schenkt.