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Ukraine-Krieg lässt Börsen weiter abstürzen
Aus Tagesschau vom 07.03.2022.
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Sanktionen gegen Russland «Das iPhone ist in Moskau jetzt doppelt so teuer»

Immer mehr Schweizer Unternehmen ziehen sich vom russischen Markt zurück. Dort steigen die Preise stark an – und Lebensmittel werden rationiert.

Das offizielle Russland zeigt sich von den westlichen Sanktionen unbeeindruckt. Auch der Rückzug von Milliardenkonzernen wie Mastercard, Cisco, Netflix, den beiden Ölgiganten wie BP und Shell konnte Russland bisher wenig anhaben – so die Sprachregelung aus Moskau. «Die Sanktionen hinterlassen im Land mittlerweile sehr wohl deutliche Spuren», kontert Vasily Astrov, Ökonom am Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche.

iPhone bereits doppelt so teuer

Die Preise für Konsumgüter steigen in Russland massiv, und das trifft vor allem die Mittelschicht. «In Moskau bezahlen Sie beispielsweise heute für ein iPhone doppelt so viel wie noch vor zwei Wochen», sagt der russischstämmige Ökonom.  Anfang dieser Woche ist der Wert des Rubels nochmals massiv gesunken. Exportbeschränkungen für Hightech-Güter führen zu einer Verknappung von Konsumelektronik.  

Die Kurve zeigt eine massive Zunahme der Inflation in Russland seit Anfang Jahr
Legende: Zahlen zeigen: Massive Zunahme der Inflation in Russland seit Anfang Jahr. Statista

Russische Airlines fliegen nicht mehr ins Ausland. «Autos werden nicht mehr geliefert. Firmen wie Apple, Samsung oder Ikea, Tommy Hilfiger oder Chanel verlassen Russland in den nächsten Tagen oder sind schon gegangen», sagt Astrov. Das werde nicht ohne Konsequenzen bleiben.  Wegen des Kriegs rechnet der russischstämmige Ökonom mit einem Inflationsanstieg von 20 bis 30 Prozent.

Swatch, Richemont und Breitling ziehen sich zurück

Täglich verlassen dutzende westliche Firmen Russland, auch solche aus der Schweiz. Beispielsweise ziehen sich Swatch und Richemont zurück, ABB und Clariant suspendieren ihre Betriebe in Russland. Viele Schweizer Firmen – darunter Grosskonzerne – halten an ihren Geschäften in Russland noch fest.

Nestlé will vorläufig bleiben, auch Sulzer bleibt. Das Unternehmen ist in Russland vor allem bei Wasserversorgungsprojekten stark involviert. Bucher hat noch 140 Beschäftigte in Russland auf der Lohnliste. Die Aufrechterhaltung des Geschäfts werde aber immer schwieriger, wie die Firma gegenüber der NZZ kundtat.

Noch immer halten sich aber viele Schweizer Unternehmen bedeckt. «Die Frage ist auch, wie lange sich der russische Markt überhaupt noch bedienen lässt», sagt Reto Föllmi, Wirtschaftsprofessor an der Universität St. Gallen. Und: «Sollten die Sanktionen noch weiter verschärft werden – beispielsweise durch ein Handelsembargo – sind sämtliche Geschäftsbeziehungen tot», sagt der Handelsökonom. Jedes Unternehmen, welches noch auf dem russischen Markt aktiv ist, müsse dies einkalkulieren.

Lebensmittel werden rationiert

In Moskaus teuren Einkaufspassagen sind viele Geschäfte westlicher Mode- und Luxusmarken wegen der Sanktionen geschlossen worden. Viele Russen stehen in den Supermärkten vor leeren Regalen. Gewisse Produkte sind nicht mehr lieferbar, andere wie Zucker, Salz, Öl oder Mehl werden bereits rationiert. Für Astrov ist klar: «In Russland wird es zu einer Rezession kommen. Der Rubel verliert stündlich an Wert.»

Sollte Russland wie angedroht die Gaspipeline Nordstream 1 nach Deutschland tatsächlich kappen oder Europa weniger Öl und Gas aus Russland beziehen, würde das für Russland einen tiefen wirtschaftlichen Einschnitt bedeuten. «China wird dies nur teilweise kompensieren können», ist Wirtschaftsprofessor Reto Föllmi überzeugt.

Menschen stehen Schlange in Einkaufszentrum
Legende: Letzter Einkauf vor der Schliessung: Ikea-Filiale in Moskau am 3. März 2022. Reuters

Russland kann autark überleben – aber der Preis ist hoch

Russland werde die Sanktionen aushalten können, sagt Ökonom Astrow. Die Auswirkungen – vor allem die Rubelabwertung – werden erst in ein paar Wochen oder Monaten massiv spürbar werden. Astrov ist überzeugt, Russland könne autark überleben. Sanktionierte Diktaturen wie Nordkorea oder Venezuela zeigten das. Die Frage sei zu welchem Preis.

In Zeiten der Sowjetunion beispielsweise sei die Marktwirtschaft komplett ausgeschaltet gewesen, was Kostensenkungen und Qualitätsverbesserungen verhindert habe. Alles Geld sei ins Militär geflossen: «Wir waren in der Lage, in den Weltraum zu fliegen, aber funktionierende Autos bauen konnten wir nicht.»

Tagesschau, 7.3.2022, 19:30 Uhr

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