Kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben die westlichen Länder Sanktionen gegen Russland verhängt. Am 28. Februar 2022 reagierte auch die Schweiz und übernahm die Sanktionen der EU. Seitdem sind Exporte nach Russland verboten, mit einigen Ausnahmen wie medizinischen Gütern.
Nicht sanktioniert ist hingegen der Handel mit Russland-nahen Ländern wie Armenien, Kasachstan oder Georgien.
Wie eine Analyse der Universität St. Gallen zeigt, sind die Exporte nach Russland kurz nach Kriegsbeginn bis auf wenige nicht-sanktionierte Güter eingebrochen. Gleichzeitig hat die Ausfuhr von Gütern in Russland-nahe Länder deutlich zugenommen (siehe Grafik).
Es besteht der Verdacht auf Umgehungsgeschäfte, sagt der Handelsökonom Stefan Legge von der Universität St. Gallen. Selbst mit Blick darauf, dass ein Grossteil der Exporte auf nicht sanktionierte Pharmaprodukte zurückzuführen ist.
«Die Schweizer Exporte in bestimmte Länder sind just in dem Moment gestiegen, als die russische Armee in die Ukraine einmarschiert ist. Zudem zeigen die Exporte der Drittstaaten nach Russland im gleichen Zeitraum ebenfalls einen Anstieg. Daraus kann man eine Indizienkette bilden.»
Schweizer Exporte in bestimmte Länder sind just in dem Moment gestiegen, als die russische Armee in die Ukraine einmarschiert ist.
Auch wenn Indizien noch keine Beweise sind, sei eine so plötzliche Nachfragesteigerung in dem Ausmass eher unwahrscheinlich.
Verdreifachung der Exporte nach Armenien
Das Beispiel Armenien zeigt die Dimension der gestiegenen Exporte. So haben sich die Schweizer Exporte nach Armenien – inklusive nicht-sanktionierter Pharmaprodukte – im ersten Kriegsjahr gegenüber dem Vorjahr 2021 mehr als verdreifacht. Gleichzeitig sind die Exporte aus Armenien nach Russland um 198 Prozent gestiegen.
Die Weiterleitung von Gütern über Drittstaaten findet mutmasslich auch über grössere Länder wie China oder die Türkei statt. Gemäss dem Handelsökonomen eignen sich Russland-nahe Staaten aber besser für allfällige Umgehungsgeschäfte, da sie Russland geografisch und politisch nahestünden.
«Gleichzeitig sind die Länder relativ klein, sodass besondere Verschiebungen oder Umgehungsgeschäfte bei den Schweizer Handelsströmen mit diesen Ländern eher auffallen.» Grundsätzlich ist es relativ schwierig, solche Umgehungsgeschäfte zu verhindern, sagt Legge. Der Handel finde immer einen Weg.
Seco kontrolliert
Trotzdem lässt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) nichts unversucht. Das Seco geht Hinweisen auf Sanktionsverstösse aktiv nach, klärt Verdachtsfälle ab und bestraft Verstösse.
Alle verdächtigen Beschaffungen werden untersucht und entsprechende Gegenmassnahmen ergriffen. Verstösse werden konsequent geahndet.
Auch wenn das Volumen der Exporte in Russland-nahe Länder weniger als ein Prozent der Schweizer Ausfuhren ausmacht: Jedes Umgehungsgeschäft spielt dem russischen Regime in die Hände.