Wenn in einem der weltweit grössten Konzerne die Chefs überraschend wechseln, lässt das aufhorchen. Roche-Konzernchef Severin Schwan wird an der nächsten Generalversammlung im März zum Präsidenten von Roche vorgeschlagen. Er zieht den jetzigen Diagnostik-Chef nach, Thomas Schinecker. Ein Wechsel nach 15 Jahren an der Spitze des Grosskonzerns ist nachvollziehbar. Doch warum geht Schwan genau jetzt, da der Betrieb ruhig läuft und keine Restrukturierungen anstehen?
SRF News: Weshalb ist der Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt?
Severin Schwan: Nach 15 Jahren als CEO ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Ich freue mich sehr auf diese Aufgabe. Aber ich freue mich vor allem darüber, dass wir einen ganz ausgezeichneten Nachfolger aus den eigenen Reihen haben, der einen tollen Leistungsausweis mitbringt. Thomas Schinecker hat die Diagnostik-Division erfolgreich ausgerichtet. Er hat auch einen ganz wesentlichen Beitrag in der Bekämpfung der Pandemie geleistet. Es geht jetzt alles schön auf und ich freue mich auf die neue Rolle und die Zusammenarbeit mit Thomas Schinecker in seiner neuen Rolle.
Sie beaufsichtigen nachher quasi ihren Nachfolger. Birgt das nicht auch Gefahren?
Es gibt verschiedene Modelle, verschiedene Ansätze. Der Verwaltungsrat hat sich für diese interne Nachfolge entschieden. Das hat auf der einen Seite den Vorteil der Kontinuität, ganz in der Tradition der langfristigen Ausrichtung von unserem Unternehmen.
Das bedeutet auch, dass man etwas in den Hintergrund tritt, dass man sich etwas zurücknimmt. Und dem CEO in operativen Fragen den notwendigen Freiraum einräumt.
Aber auf der anderen Seite ist schon richtig: Als Verwaltungsratspräsident hat man eine ganz andere Rolle. Es ist eine neue Rolle für mich. Und das bedeutet auch, dass man etwas in den Hintergrund tritt, dass man sich etwas zurücknimmt. Und dem CEO in operativen Fragen den notwendigen Freiraum einräumt.
Sie waren jetzt quasi 15 Jahre CEO. Können Sie die operative Führung nach so langer Zeit wirklich sein lassen?
Es macht mir nach wie vor sehr viel Spass. Und ich werde bis zur nächsten Generalversammlung auch noch als CEO arbeiten dürfen. Aber jetzt ist die Möglichkeit, den Übergang vorzubereiten. Und ich freue mich auch darauf, nach 15 Jahren wieder mal etwas ganz Neues zu machen. Ich bin seit 30 Jahren bei der Roche. Damals bin ich als Trainee eingestiegen. Ich bin dem Unternehmen emotional tief verbunden. Für mich persönlich ist es wirklich toll, dass ich nach all den Jahren – auch in der Rolle als CEO – die neue Aufgabe übernehmen darf. Damit bleibe ich dem Unternehmen verbunden und ich kann mich nach wie vor einbringen.
Könnte man auch sagen: Da fehlt die kritische Distanz nach so vielen Jahren im Konzern?
Diese Distanz muss man ganz bewusst suchen. Wenn ich auf meine Karriere zurückblicke, war das auch in der Vergangenheit so. Ich habe mal im Finanzbereich begonnen, bin dann ins Generalmanagement. Da musste ich auch die Distanz suchen und mich auf die neue Aufgabe einlassen.
Diese Distanz muss man ganz bewusst suchen.
Dann war ich lange Zeit im Diagnostik-Bereich tätig, bin dann in den Pharmabereich gewechselt. Da hatte ich wieder neue Aufgaben und neue Herausforderungen. Auch da muss man loslassen. Man muss das Alte irgendwo hinter sich lassen, Abschied nehmen. Und gleichzeitig freut man sich auf die neue Aufgabe. Und das wird jetzt wieder so sein.
Das Gespräch führte Lucia Theiler.