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Steigende Nachfrage «Bio hört auf, sobald die Frucht gepflückt ist»

Bio-Früchte sind immer gefragter. Aber: Profitieren jene, die sie anbauen, pflücken und verkaufen tatsächlich davon?

Kühl ist es an diesem Vormittag auf dem Biohof Fluofeld in Oberarth im Kanton Schwyz. Nieselregen fällt auf einen langen gut mannshohen Plastikschlauch auf dem Feld –einen sogenannten Kalttunnel ohne Heizung. Er schützt die mehreren hundert Erdbeerstauden vor dem Regen.

Biobauer Michael Reichmuth.
Legende: «Die Mindestlöhne sind Pflicht – das ist klar», sagt Biobauer Michael Reichmuth. Dario Pelosi/SRF

Michael Reichmuth kauert mitten darin am Boden; er prüft die noch bleichen Früchte. Nach einem Jahr Pflege steht die Ernte kurz bevor. Er erklärt: «Die Ernte läuft so ab, dass wir ein ‹Erntewägeli› haben. Man kann darauf sitzen und dann stösst man sich mit den Beinen vorwärts und sucht eigentlich Stock für Stock die reifen Beeren heraus.»

Wenn ich gute Mitarbeiterinnen möchte, die mehrere Jahren ihren Job gut erledigen, dann zahlt man automatisch gute Löhne – sonst funktioniert das nicht.
Autor: Michael Reichmuth Biobauer

Die Ernte am frühen Morgen ist in der Hand von Frauen: Helferinnen aus der Umgebung pflücken gemeinsam mit Arbeiterinnen aus Rumänien. Dafür erhalten sie den vom Bauernverband vorgeschlagenen Richtlohn von 3235 Franken im Monat brutto – und wenn möglich auch mehr.

«Wenn ich gute Mitarbeiterinnen möchte, die mehrere Jahren ihren Job gut erledigen, dann zahlt man automatisch gute Löhne – sonst funktioniert das nicht», sagt Reichmuth, um weiter zu erklären: «Nun stellt sich einfach die Frage: Wie definiert man die guten Löhne? Die Mindestlöhne sind Pflicht – das ist klar. Und alles was hinzukommt, motiviert die Pflückerinnen sicher zusätzlich.»

Die Mindestlöhne sind Pflicht – das ist klar. Und alles was hinzukommt, motiviert die Pflückerinnen sicher zusätzlich.
Autor: Michael Reichmuth Biobauer

Für die ausländischen Arbeitskräfte stimme dieser Lohn, sagt er. Für Schweizer Arbeiterinnen und Arbeiter sei er nicht attraktiv.

Einen Teil seiner Erdbeeren verkauft er im eigenen Hofladen und auf dem Wochenmarkt – das Kistchen für fünf bis sieben Franken. Das Meiste liefert er aber für deutlich weniger Geld direkt an einen Grossverteiler.

Vielleicht Verzicht auf Importe oder einfach Anerkennung der Arbeit, die da geleistet wird. Das muss vorangestellt werden.
Autor: Philippe Sauvain Sekretär gewerkschaftliche Plattform für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft

Hier mache er eine Mischrechnung. Fahre er nach Dierikon ins Verteilzentrum, dann habe er meistens 50, 100 Gitter im Auto, die er auf einmal abliefern könne. Gehe er auf den Wochenmarkt, stehe er vier Stunden dort, habe seine Verkäuferinnen «und ich verkaufe dann natürlich nicht 100 Kisten», sagt er.

Philippe Sauvain, der Sekretär der gewerkschaftlichen Plattform für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft, kann die Rechnung des Schwyzer Erdbeerproduzenten zwar nachvollziehen, aber: Die Landwirtschaft zahlt in seiner Rechnung grundsätzlich zu tiefe Löhne. «Bio hört auf, sobald die Frucht gepflückt ist», sagt Sauvain.

Sauvain: Politik muss Gegensteuer geben

Jedoch seien nicht nur die Bauern schuld daran, sagt der Gewerkschafter. Grossverteiler würden Import-Biofrüchte für wenige Franken in die Regale stellen – und so die Kundschaft zu Billigpreisen erziehen. Da müsse die Politik Gegensteuer geben. Er sagt: «Vielleicht Verzicht auf Importe oder einfach Anerkennung der Arbeit, die da geleistet wird. Das muss vorangestellt werden.»

Biobauer Reichmuth pflichtet ihm bei. Handarbeit müsse ihren Preis haben. Allerdings: Ob seine Rechnung aufgeht und er seinen Leuten den Lohn aufstocken kann, zeigt sich erst am Ende der Erntesaison.

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