Mit Disney+ geht ein Streaming-Anbieter an den Start, der von Anfang an über einen riesigen Katalog eigener Titel verfügt, die er exklusiv zeigen kann. Das sind etwa Disneys Trickfilm-Klassiker wie «Schneewittchen und die sieben Zwerge», «Der König der Löwen» oder «Frozen».
In den letzten Jahren hat sich Disney ausserdem mit Milliarden-Einkäufen geschickt in Stellung gebracht und verfügt nun auch über attraktive Inhalte von Dritt-Studios: die Trickfilme von Pixar, die «Star Wars»-Titel von Lucasfilm, Superhelden-Filme der Marvel Studios.
Und seit der Übernahme von 21st Century Fox – im März 2019 für rund 71 Milliarden Dollar – gehören auch die Filme und Serien dieses Medien-Giganten zu Disney – zum Beispiel die alleinigen Streaming-Rechte der TV-Serie «The Simpsons».
Ein Drittel will Netflix-Abo kündigen
Für rund 7 Dollar im Monat – halb so viel wie die Gebühr des Konkurrenten Netflix – sollen Disney+-Abonnentinnen und -Abonnenten Zugriff auf einen grossen Teil dieser Inhalte bekommen.
In einer Umfrage des «Wall Street Journals» gab fast die Hälfte der 2000 befragten Amerikaner an, Disney+ abonnieren zu wollen. Ein Drittel zeigte sich bereit, ihr Netflix-Abonnement in den nächsten Monaten zu kündigen.
Solchen blossen Absichtserklärungen sollte nicht zu viel Bedeutung zugemessen werden. Eine weitere Zahl in der Umfrage des «Wall Street Journals» dagegen ist interessant: Die Befragten konnten sich vorstellen, bis zu 44 Dollar im Monat für Video-Streaming-Dienste auszugeben. Neben Disney+ und Netflix hätte da also sogar noch ein dritter oder ein vierter Dienst Platz.
Unternehmen mit tiefen Taschen
Netflix hat das Video-Streaming populär gemacht, verfügt über viel Erfahrung und mittlerweile auch einen beachtlichen Katalog eigener Streaming-Hits wie zum Beispiel die Serie «Stranger Things». Noch kann sich das Unternehmen einigermassen sicher fühlen.
Langfristig aber wird es immer ungemütlicher, denn mit Apple TV+, Peacock von NBC Universal, HBO Max oder Hulu (mit dem Disney ein älteres Publikum bedienen will) stehen noch mehr Konkurrenten bereit oder sind schon gestartet. Und hinter allen stecken Unternehmen mit tiefen Taschen.
Für Netflix bedeutet das, in Zukunft noch mehr Geld für eigene Inhalte aufwenden zu müssen, um seine Abonnenten an sich zu binden. Dazu musste das Unternehmen in der Vergangenheit immer wieder Geld bei Investoren aufnehmen. 2019 belaufen sich die Aufwände für eigene Inhalte bereits auf 15 Milliarden Dollar – in Zukunft sind wohl noch mehr Finanzspritzen nötig.
Alternativ bleiben die Möglichkeiten, Geld mit Werbung zu verdienen oder die Abonnementspreise zu erhöhen. Ersteres schliesst Netflix aber kategorisch aus, die zweite Möglichkeit droht Kundinnen und Kunden zu vergraulen.
Immer mehr Inhalte, immer mehr Geld
Das ist die Krux im Streaming-Geschäft: Anders als bei Technologie-Firmen wie zum Beispiel Google mit seinem Such-Algorithmus spielen technische Errungenschaften eine untergeordnete Rolle. Die Dienste unterscheiden sich vor allem durch ihre Inhalte und müssen die Kunden mit immer neuem Material bei Laune halten – sonst droht das Publikum von einem Monat auf den anderen sein Abo zu kündigen.
Je mehr Anbieter in dem Geschäft mitmischen, umso teurer wird es also für alle. Das können sich auf Dauer vielleicht nur Unternehmen leisten, die neben ihrem Streaming-Angebot auch in anderen, lukrativen Geschäftsfeldern aktiv sind.