Gruyère – das ist eine rezente Schweizer Käse-Spezialität. Das allerdings stimmt nicht ganz. Gruyère gibts auch in Frankreich. Und jüngst hat ein US-Gericht entschieden, dass auch Käserinnen und Käser in den USA Gruyère herstellen dürfen. Die Gruyère-Produzenten aus der Schweiz und Frankreich hatten gegen ihre US-Kolleginnen und Kollegen geklagt und verloren. Der rezente Käse gilt nicht als Marke, sondern als Käse-Art.
Markenschutz verschlafen
Philippe Bardet ist sauer. In Europa könnten Herkunftsbezeichnungen wie Gruyère AOP geschützt werden, in den USA nicht, moniert der Direktor des IPG, der Vereinigung der Gruyère-Produzentinnen und Produzenten. «Amerika erkennt ein System, das einen Namen mit einer Region verknüpft, nicht an.»
Während langer Zeit hat die Schweiz nichts gemacht, um alle diese Produkt-Namen zu schützen.
Mit seiner Klage ist er zwar unterlegen, das Urteil will er nun weiterziehen. Und er kritisiert: Die Schweiz habe den Markenschutz beim Käse verschlafen. «Während langer Zeit hat die Schweiz nichts gemacht, um alle diese Produkt-Namen zu schützen. Das war ein Fehler.»
Auch die EU kämpfe in den USA um einen besseren Schutz regionaler Produkte wie Parmesan oder Roquefort. Die Schweiz sei nun auf die Unterstützung des grossen Nachbarn angewiesen. Dazu sagt Bardet: «Auf der Seite der AOP sind die Diskussionen gut. Aber beim Rest der Diskussionen mit der EU weiss man ja, wo wir stehen. Das ist vielleicht ein Nachteil.»
Grösste Exporteurin von Schweizer Käse wie Gruyère ist die Milchverarbeiterin Emmi. Das Urteil hat Chef Urs Riederer nicht überrascht. Natürlich wäre ein besserer Schutz der Marke gut. Die Realität in den USA sei aber eine andere. «In der Regel wird dann unterschieden zwischen ‹imported› und ‹domestic› (Anmerk. der Red.: ‹importiert› und ‹inländisch›). Wer in den USA bereit ist, so viel Geld für Käse auszugeben, kann diesen Unterschied beim Kauf machen.»
Nachkommen von Käsern käsen in den USA
Gerade im Käsegeschäft gibt es in den USA unzählige Nachkommen von Schweizer Ausgewanderten, die vor Ort nach traditionellen Rezepten ihrer Schweizer Vorfahren käsen – und eben auch US-Gruyère produzieren. Die eigenen Marken schützt Emmi direkt in den USA. Anwälte verteidigen da laufend die Marken, die Becherformen oder Logos des Konzerns. «Die Anwälte dort schauen alle Neuanträge genau an. Sie überlegen, ob man Rekurs einlegen will oder nicht. Es gehört zu der Aufgabe, dass man diese Markenregister jährlich aktualisiert.»
Es ist ein gemeinsames Interesse der Wirtschaft, dass man mit gemeinsamen Kräften und in gemeinsamer Verantwortung die Swissness im Ausland durchsetzt.
Das sei ein wichtiger Schritt, bestätigt Stefan Szabo vom Schweizer Institut für geistiges Eigentum (IGS). Produkt-Namen müsse man mit Nachdruck schützen, sonst würden sie schnell zu einem Überbegriff für eine Produkt-Art. So gelte Gruyère in den USA als Käse-Art, nicht als Marke. Ähnliche Beispiele sind Nylon, Flip-Flops oder das Brettspiel Eile mit Weile. «Besonders Marken für Trendsetter-Produkte werden Opfer ihres eigenen Erfolgs», so Szabo. Und die Konkurrenz profitiere von der Aufbauarbeit der Pioniere. Deshalb sei es auch wichtig, dass generell Schweizer Marken im Ausland verteidigt werden.
«Es ist nicht nur eine Sache des Bundes oder IGS. Es ist ein gemeinsames Interesse der Wirtschaft, dass man mit gemeinsamen Kräften und gemeinsamer Verantwortung die Swissness im Ausland durchsetzt.» Dazu wurde vergangenes Jahr der Verein Swissness Enforcement gegründet. Es brauche da aber noch mehr politisches Engagement, vor allem auch in Sachen internationale Zusammenarbeit, mahnt Emmi-Chef Riedener. Das will heissen: Es brauche Verhandlungen, um Schweizer Marken zu schützen, nicht allein Gerichtsentscheide.