Schokolade, Uhren, Käse und Banken: Das sind Produkte und Dienstleistungen, bei denen das Schweizerkreuz entscheidend ist: «Es betrifft Branchen, die man stark mit der Schweiz in Verbindung bringt, dort ist der Wert des Schweizerkreuzes hoch.» Das sagt der Markenexperte Sven Reinecke, Direktor des Instituts für Marketing an der Universität St. Gallen. Er hat dieses Jahr eine Swissness-Studie veröffentlicht, welche die Beliebtheit von Schweizer Produkten untersuchte.
Die Vorgeschichte
- 80 Produkte des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé Schweiz verlieren gemäss «Schweiz am Sonntag» ab dem nächsten Jahr das Schweizerkreuz.
- Der Grund: Das Swissness-Gesetz tritt in Kraft. Demnach müssen neu 80 Prozent der Rohstoffe in einem Produkt aus der Schweiz stammen.
- Betroffen sind bei Nestlé vor allem Produkte der Marken Thomy und Leisi sowie die Glacé-Sorte Sandwich Multipack von Frisco.
Diskussion um Senf
Verlieren Produkte das Schweizerkreuz, sei das nicht immer gleich schlimm, findet Sven Reinecke: «Für Senf- oder Glacéprodukte ist der Verlust des Schweizerkreuzes verkraftbar». Und: «Nestlé will sich international gesehen gar nicht so stark schweizerisch positionieren. Das Unternehmen spielt die Marke Schweiz weltweit nicht stark aus».
Markenexperte Marco Casanova sieht die Sache mit dem Senf anders. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Bern und Gründer der Firma Branding Institute. Senf mit einem Schweizerkreuz werde vom Konsument als höherwertig angeschaut: «Das Wappen ist ein zusätzliches Qualitätssiegel, auch für Lebensmittelsicherheit».
Alternativen zum Kreuz
Für Sven Reinecke wäre es für Nestlé Schweiz weit gravierender, wenn das Kreuz auf typischeren Schweizer Produkten wie der Schokolade wegfiele.
Doch auch dort gibt es bereits Fälle, in denen das Kreuz längst fehlt: Zum Beispiel in bestimmten Schokoladen von Lindt & Sprüngli, die nicht in der Schweiz, sondern in Frankreich oder Deutschland hergestellt werden. Das Schweizer Unternehmen scheint dem Image seiner Marke zu vertrauen. «Die Menschen assoziieren sowieso Lindt, auch ohne Kreuz», sagt dazu Sven Reinecke.
Mit Bezeichnungen ist Vieles möglich.
Es gibt auch viele Unternehmen, etwa in der Kleiderbranche, die für ihre Produkte weder das Schweizerkreuz verwenden, noch sie als «Swiss Made» bezeichnen dürfen. Sie weichen auf alternative Labels aus, wie «Designed in Switzerland» oder «Swiss Technology» und stellen damit für den Konsumenten trotzdem einen Schweiz-Bezug her. «Vieles ist mit solchen Bezeichnungen möglich, auch wenn nicht mal in der Schweiz produziert wird», sagt Sven Reinecke dazu.
Kritisiertes Gesetz
Beim neuen Swissness-Gesetz gehen die Meinungen der beiden Markenexperten auseinander.
Sven Reinecke hält das Gesetz für grundsätzlich gut, weil die Marke Schweiz damit stärker geschützt werde. «Die Marke Schweiz wird damit international stärker. Das ist im Sinne der Verbraucher». Das Gesetz allein reiche aber bei weitem nicht aus. Vor allem im Ausland könne es zu stark umgangen werden, findet Sven Reinecke.
Er bezeichnet es auch als problematisch, dass das Gesetz durch viele branchenspezifische Sonderregelungen sehr komplex geworden sei. Tatsache ist: Vor allem die Lobbyarbeit von Landwirtschaftsvertretern führte zu vielen Ausnahmeregelungen im Gesetz.
Das Swissness-Gesetz verteuert Schweizer Produkte.
Aus diesem Grund ist Markenexperte Marco Casanova dezidiert gegen das neue Gesetz. Die Bauernlobby habe sich zu stark durchgesetzt. «Es ist eigentlich ein Landwirtschaftsgesetz, fördert aber nicht den Standort Schweiz, die Schweizer Wirtschaft und deren Wohlstand».
Das Markenschutzgesetz verteure zudem viele Schweizer Produkte, wenn diese ihr Kreuz behalten und weiterhin in der Schweiz hergestellt werden sollen, meint Casanova.