So weit wie möglich sollten die Bundesbehörden bei öffentlichen Ausschreibungen Schweizer Firmen bevorzugen, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Allerdings gelten bei den meisten öffentlichen Ausschreibungen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO, wie der emeritierte Professor Thomas Cottier zu bedenken gibt.
SRF News: «Switzerland first», das will Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Existiert diesbezüglich überhaupt Handlungsspielraum?
Thomas Cottier: Bundesrat Parmelin hat zu Recht gesagt, «so weit wie möglich» sollten die Bundesbehörden bei öffentlichen Ausschreibungen Schweizer Firmen bevorzugen. Denn die Schweiz ist auch in der Coronakrise an ihre internationalen Verträge zum öffentlichen Beschaffungswesen gebunden. Es handelt sich um das WTO-Abkommen zum öffentlichen Beschaffungswesen und das entsprechende Abkommen von 1991 mit der EU.
Der Bund kann doch aber bei den Ausschreibungen Anforderungen formulieren. Gibt es dabei ein bisschen Handlungsspielraum?
Grundsätzlich gilt, dass Ausschreibungen, die sogenannte Schwellenwerte überschreiten, international ausgeschrieben werden müssen.
In diesem Rahmen haben alle Firmen, schweizerische, europäische und auch internationale, das Recht, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen.
Diese Schwellenwerte betragen für den Bund etwa bei Bauten 6.6 Millionen Schweizer Franken. Bei Dienstleistungen und Lieferungen sind es etwa 170'000 Schweizer Franken. Und in diesem Rahmen haben alle Firmen, schweizerische, europäische und auch internationale, das Recht, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen. Man kann bei der Formulierung der Anforderungen aber beispielsweise Rücksicht auf die rasche Bereitstellung von Dienstleistungen nehmen, etwa wenn man sagt, dass man rasche Reparaturleistungen haben will. Das begünstigt die lokalen Anbieter.
Das heisst, der Spielraum ist tatsächlich recht klein?
Der Spielraum ist relativ gering, sobald diese Schwellenwerte erreicht sind. Soweit man darunter liegt, haben Bund, Kantone und Gemeinden etwas mehr Spielraum bei Ausschreibungen. Sie müssen sich aber auch an die entsprechenden Gesetze halten, die teilweise unterschiedlich formuliert sind.
Das Gespräch führte Denise Joder.