Das Wichtigste in Kürze
- Versicherungskonzerne profitieren im Geschäft mit der zweiten Säule von einer speziellen Gewinngarantie.
- Dadurch flossen in den letzten Jahren Milliarden von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an die Versicherungskonzerne.
- Versicherer bieten eine Kapitalschutzgarantie für KMU – doch die ist teuer.
- Wenn KMU ihre Angestellten bei unabhängigen Sammelstiftungen oder Verbandskassen versichern, lassen sich häufig deutlich höhere Rentenziele erreichen.
Gewinne auf sicher: Von einer «völligen Fehlkonstruktion» spricht SP-Nationalrätin und Unternehmerin Jacqueline Badran. Sie meint die Gewinngarantie in der Beruflichen Vorsorge (2. Säule, BVG), mit der Versicherungskonzerne schon vor Abzug der Kosten einen Gewinn einnehmen dürfen. Acht Versicherungskonzerne offerieren BVG-Lösungen für 1,7 Millionen KMU-Angestellte. Das Parlament sichert den Konzernen seit 2005 staatlich garantierte Gewinne von maximal 10 Prozent zu. 2016 waren das gemäss Wirtschaftsmagazin ECO rund 550 Millionen Franken. Seit 2005 summieren sich diese Gewinne auf knapp 6.2 Milliarden Franken – zu Lasten der Versicherten.
Teure Garantie: Sechs Versicherungskonzerne offerieren im BVG-Geschäft eine so genannte Vollversicherung. Das heisst, sie garantieren, dass der Versicherte trotz Schwankungen an den Kapitalmärkten keine Verluste erleidet. Josef Zopp vom Beratungsunternehmen Weibel, Hess & Partner sagt: «Wir kennen die Zukunft nicht. Aber in der Vergangenheit hat sich der Kapitalschutz nicht gelohnt. Und man kann die Aussage machen, dass in der Tendenz die teilautonomen Stiftungen wirklich günstiger sind und für einen Arbeitnehmer als versicherte Person mehr herausschaut», sagt Josef Zopp.
Tiefere Renten: Josef Zopp hat anhand umfangreicher Daten für ECO ermittelt, wie stark eine Vorsorge-Lösung bei einem Lebensversicherer im Schnitt auf die Rente schlägt. Der Befund: Ein Angestellter mit 80'000 resp. 120'000 Franken Jahreslohn, erhält bei einem Versicherungskonzern nach der Pensionierung im Schnitt zwischen 17 und 20 Prozent weniger Rente pro Jahr als bei einer unabhängigen Sammelstiftung ohne Kapitalschutz.
Alternativen sind möglich: Die Grossgärtnerei Zulauf aus Schinznach (AG) zum Beispiel setzt seit Jahren auf eine Branchenlösung. Ihre rund 100 Angestellten sind bei der «Pensionskasse Gärtner & Floristen» versichert. Die Kasse steht finanziell sehr gut da. Christian Zulauf, Miteigentümer der Gärtnerei, musste seit 20 Jahren noch nie wegen einer Unterdeckung seiner Kasse Kapital nachschiessen. Ein Wechsel zu einem Versicherungskonzern steht für ihn ausser Diskussion, obwohl er durchaus beworben wird: «Die brauchen wir nicht».
Trägheit im System: BVG-Verträge bei Versicherungskonzernen sind für viele KMU die unkomplizierteste Art, die Pensionskasse für die Belegschaft zu organisieren. Es wäre aber im Sinne vieler Angestellter, wenn KMU-Patrons ihre Policen regelmässig überprüfen und Konkurrenzofferten einholen würden.