Darum geht es: Wir kaufen immer mehr Kleider und diese kosten immer weniger. Während ein Schweizer Haushalt 1950 durchschnittlich mehr als 10 Prozent seine Budgets für Kleider ausgab, sind es heute bloss noch gut 2 Prozent. Gleichzeitig hat sich die Menge der gekauften Kleider schätzungsweise vervierfacht. Die Modeindustrie produziert immer schneller, immer günstiger, immer mehr. Und sie belastet damit die Umwelt. Denn Textil-Recycling steckt noch in den Kinderschuhen.
Immer billiger geht nicht mehr: Lange versuchten nur kleine Textilproduzenten, nachhaltiger zu geschäften. Inzwischen haben auch grosse Kleiderverkäufer wie C&A oder H&M das Thema entdeckt. «Die Textilindustrie hat festgestellt, dass es mit dem Trend zum immer billiger und immer schneller nicht weitergehen kann», sagt Tobias Meier, der sich seit Jahren mit Nachhaltigkeit im Textilbereich beschäftigt. Denn noch schneller und noch günstiger als heute ist kaum mehr möglich.
Neue Geschäftsmodelle gefragt: Die Textilunternehmen bewegen sich deshalb – wenn auch nur langsam – in Richtung Nachhaltigkeit. So setzen sie sich, auch auf Druck von Organisationen und Konsumenten, zunehmend für bessere Löhne in den Produktionsländern oder weniger Wasserverbrauch in der Baumwollproduktion ein.
Textil-Recycling ist nicht einfach: Eine grosse Schwierigkeit in der Textilbranche bilde allerdings die Kreislauf-Wirtschaft, sagt Nina Bachmann. Sie ist Leiterin Technologie und Umwelt beim Schweizerischen Textilverband. «Damit Recycling technisch machbar ist, braucht man Gewebe, die zu 100 Prozent aus ein und demselben Material bestehen.» Doch in der Realität bestünden die meisten Kleider aus Mischgewebe – auch wenn es sich nur um die Nähte handelt, die aus einem anderen Material sind.
Trotzdem werden Kleider gesammelt: Aus einer alten wird also kaum je eine neue Jeans genäht. Trotzdem werden Kleider gesammelt. Sie werden als Secondhand-Ware weitervertrieben, als Putzlappen weiterverarbeitet oder als Dämm- und Isoliermaterial in der Autoindustrie verwendet. Damit können zwar die Abfallmengen reduziert werden, doch der Rohstoff-Kreislauf wird dadurch nicht geschlossen.
Die Designer müssen umdenken: Am Anfang steht der Designer der Kleider: «Er bestimmt, aus welchem Material Kleider gemacht werden», sagt Nina Bachmann. Auch gebe es gewisse Techniken, wie das Textilmaterial zusammengefügt werde, damit es dereinst wieder einfach getrennt werden könne. «Es gibt da verschiedene Wege», so Bachmann.
Auch der Konsument ist in der Pflicht: Damit eine Recycling-Maschinerie bei Kleidern in Gang kommen kann, ist auch der Konsument oder die Konsumentin gefordert: «Er soll bei seinem Lieblingslabel nachfragen, wer unter welchen Umständen mit welchem Material die Kleider fabriziert hat», betont Nachhaltigkeits-Experte Meier. Denn je stärker Arbeitsbedingungen und Umweltauswirkungen in der Kleiderproduktion zum Thema werden, desto grösser wird das Interesse der Modebranche, die Kreisläufe ganz zu schliessen.