Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine kostet einmal Volltanken spürbar mehr. Benzin der Sorte Bleifrei 95 zum Beispiel belastet das Portemonnaie der Autofahrerinnen und Autofahrer aktuell mit über 2.20 Franken je Liter, bei Diesel wirds noch teurer.
Der Treibstoff, den die Schweizer Tankstellen verkaufen, hat einen langen Weg hinter sich. Öl aus aller Welt gelangt in der Regel über den Schiffsweg nach Deutschland und in die Niederlande. Dort verwandeln Raffinerien rund 75 Prozent des für die Schweiz vorgesehenen Rohstoffs in Benzin und Diesel. Danach transportieren Schiffe das Endprodukt auf dem Rhein nach Basel.
Rhein-Schiffe nur noch gering beladen
Doch seit einigen Wochen ist der wichtige Wasserweg eingeschränkt. An verschiedenen Stellen des Rheins in Deutschland sind die Wasserstände aufgrund des Wetters prekär tief. In Kaub bei Frankfurt zeigt der Pegel am Freitag noch rund einen halben Meter an. Das ist noch nicht so dramatisch wie 2018, schränkt die Schifffahrt aber bereits ein.
Die Schiffe können nur noch mit geringeren Mengen beladen werden, da sie sonst zu schwer wären und aufliefen. «Normalerweise kann ein Tankschiff zwischen 2000 und 3000 Tonnen laden. Aufgrund der aktuell niedrigen Pegelstände sind es nur etwa 600 bis 900 Tonnen», stellt Simon Oberbeck, Sprecher der Schweizerischen Rheinhäfen, in Basel fest.
Wir brauchen dringend Regen, damit sich die Pegelstände wieder normalisieren.
Das führt dazu, dass deutlich geringere Mengen Treibstoff in die Schweiz gelangen als üblich. Auf die Schiene auszuweichen, gestaltet sich derzeit schwierig, aufgrund vieler Baustellen und eines akuten Personalmangels bei der Deutschen Bahn. Um einen Engpass zu vermeiden, hat der Bund darum Ende Juli Mineralöl aus den Pflichtlagern freigegeben.
Tiefere Mengen bedeuten auch höhere Preise: «Wenn der Transport wie jetzt fünf- bis zehnmal teurer wird, dann spürt man das auf jeden Fall an der Zapfsäule. Das ganz genau in Rappen auszudrücken, ist aber nicht möglich, denn der Preis hängt von so vielen Faktoren ab», sagt Fabian Bilger von Avenergy Suisse, dem Verband der Treibstoffimporteure. Schätzungen aus Tankstellenkreisen gehen davon aus, dass derzeit rund fünf Rappen je Liter alleine auf das knappe Angebot zurückzuführen sind.
Keine Entspannung in Sicht
Da sich jedoch zahlreiche Unternehmen in der Wertschöpfungskette der Treibstoffe befinden, macht der Rhein-Transport nur einen kleinen Teil des Preises aus. Spekulationen, wonach die Öl-Multis Shell und Co. ihre Gewinne im Zuge des Krieges ausgeweitet hätten, werden nicht zuletzt durch die jüngsten Geschäftszahlen dieser Konzerne genährt. Inwiefern auch Börsenspekulanten, Raffinerien und Tankstellen aus der Situation Profit geschlagen haben, lässt sich nicht so leicht nachweisen.
Wer auch immer für die hohen Preise verantwortlich ist: Die Wassersituation im Rhein wird sich vermutlich nicht so schnell entspannen. Der Bund hat die Pflichtlager vorsorglich bis September freigegeben. Simon Oberbeck spricht aus, was allen klar ist: «Wir brauchen dringend Regen, damit sich die Pegelstände wieder normalisieren.»