Türkische Währung unter Druck: Am Freitag hat die türkische Lira zeitweise nochmals bis zu 19 Prozent an Wert gegenüber Dollar und Euro verloren. Der Kurs fiel auf ein Rekordtief von rund 6,87 Lira für einen Dollar. Auch gegenüber dem Euro ging es rasant abwärts: Erstmals wurden mehr als 7 Lira für einen Euro gezahlt. Zu Beginn des Jahres waren es 4,5 Lira für einen Euro.
Angst vor Zahlungsausfall: Auslöser des aktuellen Kursturzes ist ein Bericht der britischen Zeitung «Financial Times». Demnach sorgt sich die Europäische Zentralbank (EZB) offenbar, dass die Türkei ihre Schulden bei den Banken bald nicht mehr bedienen könnte. Zwar werde die Situation von der EZB noch nicht als kritisch eingestuft, heisst es im Bericht, der sich auf vertrauliche Aussagen der Notenbanker stützt. Doch das Kreditvolumen ist beträchtlich: Insgesamt haben Banken weltweit der Türkei mehr als 200 Milliarden Dollar geliehen.
Drei Banken besonders betroffen: Im Fokus der europäischen Währungshüter sind die europäische Grossbanken BBVA aus Spanien, die italienische Unicredit und die französische BNP Paribas. Alle drei Banken haben türkischen Unternehmen in den vergangenen Jahren Kredite in Dollar gewährt. Je mehr jetzt die Lira zum Dollar an Wert verliert, desto teurer wird die Rückzahlung dieser Kredite – und desto grösser das Ausfallrisiko.
Übermütige Banken: Nach Jahren des Wirtschaftsbooms sind einige internationale Banken offenbar etwas nachlässig geworden und haben sich gegen mögliche Ausfälle nicht genügend abgesichert. Das rächt sich nun, da sich das Wachstum der türkischen Wirtschaft verlangsamt hat und damit auch die Lira unter Druck geraten ist. Viele Banken werfen jetzt türkische Schuldpapiere auf den Markt, weil sie sich vor einem Zahlungsausfall fürchten. Als Folge davon verstärkt sich der Abwärtsdruck auf die türkische Währung immer mehr. Ein Teufelskreis.
Was kann die Türkei tun? Die türkische Notenbank könnte den Wertzerfall der Lira stoppen, doch dazu bräuchte es eine beherzte Zinserhöhung. Allerdings ist die Notenbank in ihrer Entscheidung faktisch nicht frei. Sie steht unter starkem politischem Druck des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.