Zum Inhalt springen
Video
Türkische Lira stürzt ab
Aus Tagesschau vom 10.08.2018.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 11 Sekunden.

Türkei in der Krise Die Abwärtsspirale dreht immer schneller

Die türkische Lira ist im freien Fall. Internationale Geldgeber befürchten einen drohenden Zahlungsausfall.

Türkische Währung unter Druck: Am Freitag hat die türkische Lira zeitweise nochmals bis zu 19 Prozent an Wert gegenüber Dollar und Euro verloren. Der Kurs fiel auf ein Rekordtief von rund 6,87 Lira für einen Dollar. Auch gegenüber dem Euro ging es rasant abwärts: Erstmals wurden mehr als 7 Lira für einen Euro gezahlt. Zu Beginn des Jahres waren es 4,5 Lira für einen Euro.

Franken legt gegenüber dem Euro zu

Box aufklappen Box zuklappen

Die Nervosität auf den Finanzmärkten angesichts des Kursverfalls der türkischen Lira spürt auch der Franken: Einmal mehr ist die Schweizer Währung zum «sicheren Hafen» geworden. Entsprechend legte er an Wert zu: Am Freitag bei Handelsschluss kostete ein Euro weniger als 1,14 Franken. Letztmals war ein Euro Ende Mai so wenig wert gewesen. (sda)

Angst vor Zahlungsausfall: Auslöser des aktuellen Kursturzes ist ein Bericht der britischen Zeitung «Financial Times». Demnach sorgt sich die Europäische Zentralbank (EZB) offenbar, dass die Türkei ihre Schulden bei den Banken bald nicht mehr bedienen könnte. Zwar werde die Situation von der EZB noch nicht als kritisch eingestuft, heisst es im Bericht, der sich auf vertrauliche Aussagen der Notenbanker stützt. Doch das Kreditvolumen ist beträchtlich: Insgesamt haben Banken weltweit der Türkei mehr als 200 Milliarden Dollar geliehen.

Drei Banken besonders betroffen: Im Fokus der europäischen Währungshüter sind die europäische Grossbanken BBVA aus Spanien, die italienische Unicredit und die französische BNP Paribas. Alle drei Banken haben türkischen Unternehmen in den vergangenen Jahren Kredite in Dollar gewährt. Je mehr jetzt die Lira zum Dollar an Wert verliert, desto teurer wird die Rückzahlung dieser Kredite – und desto grösser das Ausfallrisiko.

Albayrak und Erdogan.
Legende: Der neue Wirtschafts- und Finanzminister Berat Albayrak soll's richten – er ist Erdogans Schwiegersohn. Heute Nachmittag stellte er «ein neues Wirtschaftsmodell für die Türkei» vor. Keystone

Übermütige Banken: Nach Jahren des Wirtschaftsbooms sind einige internationale Banken offenbar etwas nachlässig geworden und haben sich gegen mögliche Ausfälle nicht genügend abgesichert. Das rächt sich nun, da sich das Wachstum der türkischen Wirtschaft verlangsamt hat und damit auch die Lira unter Druck geraten ist. Viele Banken werfen jetzt türkische Schuldpapiere auf den Markt, weil sie sich vor einem Zahlungsausfall fürchten. Als Folge davon verstärkt sich der Abwärtsdruck auf die türkische Währung immer mehr. Ein Teufelskreis.

Was kann die Türkei tun? Die türkische Notenbank könnte den Wertzerfall der Lira stoppen, doch dazu bräuchte es eine beherzte Zinserhöhung. Allerdings ist die Notenbank in ihrer Entscheidung faktisch nicht frei. Sie steht unter starkem politischem Druck des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.

«Erdogan sieht sich als CEO der Türkei»

Box aufklappen Box zuklappen

Für den Politologen Kerem Öktem liegen die derzeitigen Probleme der Türkei in der Politik begründet: «Wir haben ein volatiles, unklares politisches System, das nicht die richtigen wirtschaftlichen Entscheide fällen kann.» Der einzige Weg, dass die Türkei wieder zu einer prosperierenden Wirtschaft werde, sei ein Regierungswechsel, so Öktem, der in Graz als Professor lehrt. Es brauche in der Türkei wieder eine öffentliche Debatte zu den wichtigen Themen – was derzeit völlig fehle. Nur so könnten Kurskorrekturen vorgenommen werden. «Erdogan sieht sich als CEO der Türkei», so der Politologe weiter. Eine kleine Elite entscheide in allen Bereichen – auch in wirtschaftlichen. Auch die Zentralbank sei nicht von Erdogan unabhängig – und könne auf die Entwicklungen auf den internationalen Finanzmärkten nicht adäquat reagieren.

Audio
Die türkische Lira verliert rasant an Wert
aus Rendez-vous vom 10.08.2018. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 24 Sekunden.

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel