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UBS-Chef geht Abschied im Guten – Stabilisator Sergio Ermotti sagt Ciao

London, 2011. Ein junger Investmentbanker namens Kweku Adoboli bringt die Schweizer Grossbank UBS in Schwierigkeiten. Er tätigt illegale Handelsgeschäfte und beschert der UBS so einen Verlust von zwei Milliarden Franken. Die Kontrollmechanismen der Bank haben versagt und Konzernchef Oswald Grübel tritt zurück.

An diesem Punkt übernimmt Sergio Ermotti das Zepter – zuerst als Interims-Chef. Doch der Tessiner konnte sich an der Spitze halten und die UBS zu einer soliden Grossbank umbauen. Der wichtigste Schritt auf diesem Weg: Der Vollblutbanker verkleinerte die risikoreiche Investmentbank weiter und erklärte die Vermögensverwaltung wieder zur Paradedisziplin. Heute ist die UBS deshalb stabiler und risikoärmer unterwegs. Das ist wichtig, da sie für die Schweiz systemrelevant ist.

Ziel beim Aktienkurs verfehlt

Doch es gelangen Ermotti, der als Junge Fussballprofi werden wollte, auch keine ganz grossen Sprünge. Beim Aktienkurs verfehlte der 60-Jährige sein Ziel – die UBS-Titel kosten heute gleich viel wie 2011, als Ermotti seine Stelle antrat. Da hat es auch nichts genützt, dass er selbst für 13 Millionen Franken Aktien gekauft hat, um zu zeigen, wie sehr er an seine Bank glaubt.

Nachdem die UBS jahrelang in Rechtsstreitigkeiten wegen Steuerhinterziehung verwickelt war, ist jetzt nur noch ein Rechtsfall in Frankreich hängig. Dieser dürfte im März 2021 verhandelt werden und damit Ermotti auch nach seiner Zeit an der UBS-Spitze noch beschäftigen. Damit kann er die Bank auch nicht wie gewünscht in einem gänzlich aufgeräumten Zustand übergeben.

Sein Nachfolger Ralph Hamers wird sich auch um diese Altlast kümmern müssen. Dabei hat er eine grosse Aufgabe vor sich: Der Holländer soll die Bank nämlich in eine digitale Zukunft führen und so neue Wachstumsfelder bewirtschaften. Im Gegensatz zu Ermotti ist Hamers äusserst digital-affin. Manch einer sah in der Ernennung Hamers deshalb auch eine leise Kritik des Verwaltungsrates an die Adresse des Abtretenden.

Ermotti geht im Guten

Auch wenn nicht ganz alles Gold ist, was glänzt: Ermotti geht nach neun Jahren im Guten. Ein Blick auf seine Vorgänger Oswald Grübel, Marcel Rohner und auch Peter Wuffli zeigt, dass dies alles andere als selbstverständlich ist. Sie alle mussten den Hut nach Skandalen und mutmasslichem Missmanagement nehmen. Und mit dem heute präsentierten Gewinnsprung setzt Ermotti einen Schlusspunkt, wie ihn sich wohl jede Chefin und jeder Chef wünschen würde.

Jetzt startet Sergio Ermotti eine neue Karriere. Nach einer Auszeit wird er im Frühling 2021 Verwaltungsratspräsident bei Swiss Re. Damit wechselt er nicht nur die Branche, sondern auch die Seiten. Als Präsident wird er die Geschicke des weltweit zweitgrössten Rückversicherers strategisch mitbestimmen.

Annik Ott Fischer

Wirtschaftsredaktorin TV

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Annik Ott Fischer ist Mitglied der Wirtschaftsredaktion des Schweizer Fernsehens. Die studierte Juristin arbeitet seit 2008 für SRF.

SRF 4 News, 20.10.2020, 07:30 Uhr

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