Seit heute steht die UBS in Frankreich vor Gericht. Die französische Justiz wirft der Grossbank und ehemaligen Mitarbeitern illegales Anwerben von Kunden sowie Geldwäscherei vor. Der Prozess wird voraussichtlich sechs Wochen dauern und könnte für die UBS mit einer hohen Busse enden.
Zum Prozessauftakt reiste US-Whistleblower Bradley Birkenfeld nach Paris. Er stellte die französische Ausgabe seines Buchs «Des Teufels Banker» vor. Im Interview mit «ECO» sagt er, dass er ebenfalls vor dem Untersuchungsrichter ausgesagt habe.
SRF: Sind Sie in irgendeiner Art und Weise verbunden mit dem Prozess hier in Frankreich?
Bradley Birkenfeld: Ich bin direkt verbunden mit dem Prozess in Frankreich und allen anderen Ermittlungen, weil mein Whistleblowing in den USA einen Domino-Effekt in Gang setzte, der sich in Frankreich und anderen Ländern fortsetzte.
Ich habe vor einigen Jahren hier in Paris während zehn Stunden ausgesagt beim Untersuchungsrichter. Ich habe Dokumente und eidesstattliche Erklärungen überreicht für den Prozess, der diesen Montag beginnt.
Was für Dokumente?
Interne UBS-Dokumente, die nicht nur das Senior-Management der UBS mit diesem Geldwäscherei-und Steuerhinterziehungs-Strafverfahren in Verbindung bringen, sondern auch auch andere Teilnehmer: Banker des Frankreich-Teams, die Steuerhinterziehung und Geldwäscherei in Frankreich ermöglicht haben.
Hatten Sie Zugang zu Dokumenten in Genf, die UBS-Frankreich mit Offshore-Geschäften und Steuerhinterziehung in Verbindung brachten?
Ich hatte in Genf keinen direkten Zugriff. Aber ich kannte das Frankreich-Team, weil ich mit ihnen bei verschiedenen Promotionsanlässen in Genf zusammengearbeitet habe – Kunst im Zusammenhang mit Auguste Rodin. Ich kannte den Chef des Frankreich-Desks in Genf, der ziemlich oft nach Paris reiste, der Marketing machte für bestehende und potentielle Kunden – so wie wir es in den USA machten.
Eine Person, die in Frankreich angeklagt ist, ist Raoul Weil: Verfügen Sie über Informationen, dass er wusste, was in Frankreich vor sich ging – etwa Steuerhinterziehung? Haben Sie da mehr Informationen?
Ich habe Raoul Weil getroffen: Er war ganz klar der Kopf des gesamten Offshore-Private-Banking-Geschäfts der UBS. Sicherlich wusste er, was hier passierte. Er kannte mich, weil ich ihn in Genf getroffen habe, zusammen mit Martin Liechti. Dieser hat mich vorgestellt als jemand, der viel Geld fürs Private Banking gebracht hat, als guten Private Banker.
Ich habe auch Dokumente, die zeigen, dass Liechti und Weil in New York und auch hier in Paris waren, um für das Offshore-Private-Banking-Geschäft der UBS zu werben. Er ist klar eine Schlüsselperson dieses illegalen Geschäfts und jemand, der wusste, was vorging, weil jeder direkt an ihn rapportierte.
Nochmal: Wusste Raoul Weil von Geldwäscherei und Steuerhinterziehung in Frankreich? Was ist Ihre Meinung?
Ich habe Raoul Weil getroffen und arbeitete indirekt für ihn. Ich arbeitete für Martin Liechti, der direkt an Raoul Weil rapportiert hat. Ich habe beide gemeinsam getroffen. Er wusste also genau, was ich für den US-Desk gemacht habe. Das kann er nicht dementieren. Das ist meine Geschichte.
Aber mehr als das: Fünf Managing Directors haben direkt an ihn rapportiert. Diese Leute haben das gesamte Offshore-Private-Banking-Geschäft der UBS gemanagt. Und er ist die Person, die wissen musste, wie viele Personen für ihn arbeiten, wie viele Einkünfte generiert wurden, welche Produkte angeboten wurden usw. Das kann er nicht dementieren.
Sie wollten die Wahrheit nicht hören.
Und schliesslich gibt es Dokumente, die beweisen, dass er hier in Frankreich war und in den USA. Er hat das Geschäft gemacht und es mit anderen UBS-Bankern beworben. Die Behauptung, dass er so unschuldig sei, ist falsch.
Selbst in seinem Prozess in Florida haben sie mich nie als Zeugen einvernommen. Ich war derjenige, der dem Justizdepartement seinen Namen gegeben hatte, dennoch haben sie mich nie als Zeugen einvernommen. Warum? Weil sie die Wahrheit nicht hören wollten. Die Wahrheit ist, er ist Teil des ganzen illegalen Programms des Offshore-Bankings.
Das Interview führte Hansjürg Zumstein.