Die Erkenntnis der ZKB-Ökonomen ist für viele ernüchternd. Neun von zehn Mieterinnen und Mietern in der Schweiz können sich ein Eigenheim nicht leisten. Dies gilt selbst dann, wenn die Hürden für die Hypothekarkredite gesenkt würden.
Dabei würden drei Viertel der Mietenden eigentlich gerne Wohneigentum kaufen, wie aktuelle Umfragen zeigen.
Argumente für ein Eigenheim gibt es viele: Die Freiheit, die eigenen vier Wände zu gestalten. Die Unabhängigkeit von folgenschweren Entscheidungen von Vermietern, die ihre Liegenschaften etwa total sanieren wollen oder für den eigenen Bedarf zurückfordern. Und schliesslich: die im Vergleich zur Miete deutlich niedrigeren Wohnkosten, dank rekordtiefer Hypothekarzinsen.
Mieter müssen in die Taschen greifen
Und so kommt es, dass die finanziell ohnehin meist besser gestellten Wohneigentümer Monat für Monat oftmals um einen vierstelligen Franken-Betrag besser fahren als Mieter einer vergleichbaren Wohnung.
Während Mieter ohne Weiteres ein Drittel ihres Einkommens fürs Wohnen aufwenden müssen, genügt den Eigentümern oftmals ein Sechstel. Weil Tief- und Negativzinsen – so die meisten Prognosen – noch jahrelang anhalten werden, läppern sich beträchtliche Summen zusammen, welche die Eigentümer im Vergleich zu den Mietern sparen. Eine Umverteilung von den finanzschwächeren Mietern zu den besser gestellten Eigentümern, gewissermassen.
Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, wie denn der Zugang zum günstigeren Wohneigentum vereinfacht werden könnte. Umso mehr, als der Bund laut Verfassung dabei helfen müsste: «Der Bund fördert den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum», heisst es in Artikel 108 der Bundesverfassung. Das Wohneigentumsgesetz von 1974 konkretisierte die Forderung. Und auch im Wohnraumförderungsgesetz von 2003 heisst es in Artikel 1, mit diesem Gesetz solle «der Zugang zu Wohneigentum gefördert werden.»
Politische Förderung ist toter Buchstabe
Es besteht kein Zweifel, dass all diese Vorgaben zur Wohneigentumsförderung heute toter Buchstabe sind. Das Parlament hat im Zuge von Sparmassnahmen in den Nullerjahren gar nie die erforderlichen Mittel zur Umsetzung des Gesetzes gesprochen. Zumal sich damals die Wohneigentumsquote auch ohne staatliche Massnahmen erhöhte.
Heute hingegen, wo das Eigenheim unerschwinglich geworden ist, wäre eine Förderung des Wohneigentums eigentlich gefragter denn je. Weshalb sich dennoch keine politische Kraft dafür stark macht, dürfte mehrere Gründe haben.
Wohneigentum als volkswirtschaftlicher Nachteil
Zum einen bringt Wohneigentum auf individueller Ebene zwar vor allem Vorteile, aus volkswirtschaftlicher Sicht aber durchaus auch Nachteile. Eigentümer seien weniger bereit, den Wohnort zu wechseln, wenn es um einen neuen Arbeitsplatz geht, könnte man argumentieren. Diese Ortsgebundenheit verschärfe den Arbeitskräftemangel oder führe zu grösseren Pendlerströmen.
In Zeiten der «Sharing Economy», in denen Autos und selbst Rasenmäher geteilt werden, sei das Konzept des Eigentums ohnehin veraltet. Und schliesslich: Wohneigentum werde mittelfristig ohnehin günstiger – wenn Babyboomer in Alterssiedlungen ziehen.
Nur: Die Aussicht auf mittelfristig günstigere Preise für Wohneigentum hilft einer jungen Familie heute nicht, ihren Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Eine Diskussion darüber, ob und wie der alte Verfassungsartikel zur Wohneigentumsförderung belebt werden könnte, oder ob er doch besser begraben werden sollte, wäre angezeigt.