Die Schweizer Wirtschaft ist in guter Verfassung, und die Zeichen stehen weiterhin auf Erholung. Die Industrie boomt sogar. Doch nicht allen Branchen geht es so gut. Noch immer gibt es Betriebe in Kurzarbeit. Mitte Jahr waren es rund 21'000 mit insgesamt 162'000 Arbeitnehmenden. Die Tendenz ist jedoch weiter sinkend.
Willkommene Unterstützung für Firmen
Betroffen sind vor allem die Gastronomie und Hotellerie, die Bekleidungs- und Textilindustrie sowie die Luftfahrt. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Coronakrise im April 2020 bezogen 131'000 Betriebe oder 1.35 Millionen Arbeitnehmende Kurzarbeit, wie Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zeigen.
Für die betroffenen Branchen hat der Bundesrat nun das summarische Abrechnungsverfahren bei Kurzarbeit bis Ende Jahr verlängert. Das Verfahren wurde im Frühjahr 2020 eingeführt, damit die Kurzarbeitsentschädigung schneller bearbeitet und ausbezahlt werden kann. Eine willkommene Unterstützung für Firmen in der Pandemie.
Gastrobranche: Keine Zeit für Bürokratie
Bruno Lustenberger, Präsident von Gastro Aargau, begrüsst diesen Schritt, wohl stellvertretend für die gesamte Branche in der Schweiz. Er sagt, Gastrobetriebe würden vor allem unter der Zertifikatspflicht und fernbleibenden Gästen leiden. Das summarische Abrechnungsverfahren bei Kurzarbeit vermindere die Bürokratie. «Wir haben gar keine Zeit dafür. Der Aufwand wäre wieder gigantisch gross», so Lustenberger.
Lustenberger führt in seinem Betrieb, im Hotel Krone in Aarburg, keine Kurzarbeit mehr. Doch noch seien viele andere betroffen: «Von Jammern kann keine Rede sein. Viele wollen einfach wieder normal arbeiten. Andere Branchen können das, aber wir nicht».
Falsche Anreize?
Das summarische Abrechnungsverfahren brauche es nicht mehr, sagt dagegen Beat Bechtold, Direktor der Aargauischen Industrie- und Handelskammer. Das Verfahren sei gut gewesen in schweren Zeiten, um einfacher abzurechnen. Das sei jetzt aber ausgereizt. Ihm bereitet ein anderes Problem Sorgen: Der Fachkräftemangel.
«Die Unternehmen haben erneut Mühe, qualifiziertes Personal zu finden», so Bechtold. Der Grund: «Der Anreiz ist nicht gross, sich wieder in den normalen Arbeitsalltag zu integrieren, wenn man eben Kurzarbeitsentschädigung beziehen kann.»
Die Gefahr besteht mit diesem System auch, dass Arbeitnehmende an einen Arbeitgeber gebunden bleiben und an Orten fehlen, wo sie gebraucht würden. Mit der Verlängerung bleibt es für Unternehmen also einfacher, Kurzarbeit zu beantragen, und das Risiko besteht, dass künstlich Strukturen erhalten blieben. Laut Seco gibt es indes keine Anhaltspunkte, dass diese Erleichterungen zu systematischem Missbrauch führten.
Nächster Entscheid Ende Jahr
Ob das summarische Abrechnungsverfahren ein weiteres Mal verlängert wird, entscheidet der Bundesrat voraussichtlich Ende Jahr. Die coronabedingt verlängerte Bezugsdauer von Kurzarbeit von 24 anstatt 12 Monaten gilt bis am 28. Februar 2022.
Einzelne Erleichterungen im Zusammenhang mit der Kurzarbeit hat der Bundesrat bereits zuvor aufgehoben. Und auch die Bezugsdauer für neue Anträge wurde sukzessive gesenkt. Ab heute wird Kurzarbeit maximal für drei Monate bewilligt. So wie dies vor der Corona-Pandemie der Fall war.