Bis zu 50'000 Mal jährlich wechseln hier zu Lande die Eigentümer von Einfamilienhäusern und Wohnungen laut Schätzungen des Immobiliendienstleisters IAZI. Geschäftsliegenschaften sind darin noch nicht einmal enthalten. Bei einem Verkauf wird die so genannte Grundstückgewinnsteuer fällig. In der Regel erheben diese die Kantone – im Falle der Kantone Zug und Zürich ausschliesslich die Gemeinden. Ein einträgliches Geschäft, wie sich zeigt: Von 2015 bis Ende 2020 werden Kantone und Gemeinden damit rund 12 Milliarden Franken einnehmen.
Immobilienspekulation eindämmen
Die Höhe der Steuer fällt sehr unterschiedlich aus und hängt auch von der Besitzdauer einer Liegenschaft ab. Bei weniger als fünf Jahren wenden alle Kantone einen teilweise prohibitiv hohen Zuschlag auf den Verkaufsgewinn an. Das Ziel: die Immobilienspekulation bei Wohneigentum einzudämmen.
Dieses Ansinnen ist aber längst nicht der einzige Antrieb für die Einführung der Steuer seit Ende der 1940er-Jahre. So steht beispielsweise im Protokoll der Glarner Landsgemeinde Mai 1961: «Auf Grund eines vom Regierungsrat aufgestellten Finanzplanes, aus dem sich ergibt, dass unsere Strassenbauschuld bis Ende 1962 auf circa 16 Millionen anwachsen wird, müssen dem Lande neue Finanzquellen erschlossen werden. Dies bewog den Regierungsrat dazu (...) die Einführung eines Gesetzes über die Erhebung einer Grundstückgewinnsteuer vorzulegen.»
Lange Besitzdauer wird belohnt
Nahezu alle Kantone reduzieren die Grundstückgewinnsteuer, wenn die Liegenschaft über lange Zeit demselben Besitzer gehört. Damit soll auch der langfristigen Geldentwertung, also der Inflation, Rechnung getragen werden.
Das Wirtschaftsmagazin «ECO» hat für die Hauptorte aller 26 Kantone ermittelt, wie hoch die Grundstückgewinnsteuer ausfällt (siehe Tabelle). Weil die Steuer föderalistisch ausgestaltet ist, sind die Unterschiede riesig.
Wirtschaftsanwalt Gerhard Roth erklärt, warum die Steuer derart unterschiedlich ausgestaltet ist: «Wir haben im Gegensatz zu anderen Steuern auf verschiedenen Ebenen Spezialbestimmungen. Es ist bereits anspruchsvoll den relevanten Gewinn zu berechnen. Dann hat man bei der Berechnung der Steuersätze Spezialitäten, die man sonst nicht hat. Und dann gibt es über die Kantone hinweg noch verschiedene Systeme. Dies miteinander multipliziert, macht es komplex».
Geldsegen für Kantone und Gemeinden
Fakt ist: Die Grundstückgewinnsteuer füllt die Staatskassen Für viele Kantone ist es die drittwichtigste Einnahmequelle – nach den Einkommens- und Unternehmenssteuern. Recherchen des Wirtschaftsmagazins «ECO» in den Staatsrechnungen und Budgets der 26 Kantone zeigen: Von 2015 bis Ende 2020 werden es insgesamt 11.6 Milliarden Franken Einnnahmen durch die Grundstückgewinnsteuer – mindestens.
100 Millionen für den Kanton St. Gallen
2018 brachte sie beispielsweise dem Kanton St. Gallen 100 Millionen Franken ein. Das ist die viertgrösste Einnahmequelle. Für Finanzdirektor Benedikt Würth ist die Steuer unverzichtbar: «Wenn wir die 100 Millionen nicht hätten, müssten wir den Steuerfuss um 8 Prozent erhöhen.» Die sehr föderalistisch ausgestaltete Steuer schweizweit zu harmonisieren, davon will Benedikt Würth nichts wissen: « Die Kantone haben Tarifautonomie. Das bedeutet tatsächlich, dass in einem Kanton ein Grundstückgewinn etwas milder besteuert wird und in einem andern etwas stärker». Pech also, wer seine Liegenschaft zum Beispiel in St. Gallen verkaufen muss statt in Genf.
Nicht nur grosse Kantone wie St. Gallen, sondern auch kleine wie Appenzell Innerrhoden profitieren von der Grundstückgewinnsteuer. Finanzdirektor und Säckelmeister Ruedi Eberle freuen die steten Erlöse. Denn ob hier eine Liegenschaft 20 Jahre oder noch länger gehalten worden ist – bei einem Verkauf ist die Steuer ausnahmlos geschuldet. Auf Null fällt sie nie: «Eine Immobilie steigt jährlich im Preis. Auch wenn es einmal eine Krise gibt, so geht der Anstieg doch weiter. Darum sind wir der Auffassung, dass dies besteuert werden soll. Nicht sehr hoch, aber trotzdem noch ein bisschen.
Immerhin hat Appenzell Innerrhoden als einziger Kanton per Gesetz festgelegt, wie die Grundstückgewinnsteuer verwendet werden soll: Die Erträge daraus kommen vor allem der Landwirtschaft und der Bildung zu Gute.
Eco, 10.02.2020, 22.25 Uhr