- Vertikale Integration wie im Lehrbuch: Saudi Aramco kontrolliert jetzt in grossen Teilen der USA die gesamte Erdöl-Lieferkette bis zu den Kunden.
- Die damit erzielte Wertsteigerung von Aramco soll bei einem Aktienverkauf flüssige Mittel für den saudi-arabischen Staat einbringen.
- Aus der US-Politik ist zu der Übernahme nichts zu vernehmen. Den Preiskampf gegen die Saudis kann die USA mit der Schieferölförderung nur verlieren.
Der staatliche saudi-arabische Erdölförderkonzern Saudi Aramco hat in den USA die Port Arthur Refinery in Texas gekauft – die grösste Raffinerie in den USA. Aramco übernimmt auch noch 24 Verteilstationen in sieben Bundesstaaten.
Hinter dieser Übernahme stehen zwei Ziele: Der Wert von Saudi Aramco soll massiv gesteigert werden. Zudem soll damit in den USA der Absatz von saudi-arabischem Erdöl gesichert werden.
Flüssige Mittel aus Aktienverkauf
Der Unternehmenswert soll darum massiv gesteigert werden, weil Saudi Aramco im kommenden Jahr einen kleinen Teil seines Aktienkapitals verkaufen will. Das soll 2000 Milliarden Dollar einbringen.
Es ist aber nicht der Erdölkonzern selber, der das Geld braucht, sondern das saudische Königshaus. Die Staatskassen Saudi-Arabiens sind leer. Der seit 2014 tiefe Ölpreis hat enorme Löcher in den Staatshaushalt gerissen.
Mit dem Kauf von 24 Verteilstationen in sieben US-Bundessstaaten sichert sich Saudi Aramco zudem den Absatz seiner eigenen Erdölprodukt in Nordamerika. Der Konzern kontrolliert so die gesamte Lieferkette vom Bohrloch in Saudi-Arabien über die Raffinerie bis zu den Kunden.
Saudis lassen sich nicht verdrängen
Das ist zum einen sehr lukrativ und zum andern eine Versicherung: Denn US-Präsident Donald Trump hatte während des Wahlkampfs versprochen, alle Feinde und alle Kartelle, welche die USA mit Öl versorgen, verjagen zu wollen. Er wolle so die einheimische Ölindustrie stärken.
Saudi Aramco fühlte sich von dieser Drohung betroffen. Denn das Erdölkartell Opec wird faktisch von Saudi-Arabien geführt. Mit den Verteilstationen in ihrem Besitz kann Trump die Saudis nicht mehr so einfach aus dem Land werfen, da ihm sonst das Erdöl fehlte.
Erdölabhängigkeit der USA
Trotz der Einkaufstour von Saudi Aramco in den USA bleibt es ziemlich ruhig. Trump wird erkannt haben, dass die USA nicht ohne ausländisches Erdöl auskommen. Zwar könnte die US-Erdölindustrie die Schieferölförderung ausweiten. Doch das würde zu noch mehr Erdöl auf den internationalen Märkten führen und den Preis noch weiter drücken. Mit so tiefen Preisen können die US-Schieferölproduzenten aber gar nicht rentabel produzieren.
Andererseits will aber Trump von «Feinden» auch kein Öl mehr. Venezuela gehört dazu und auch der ungeliebte Iran. Die andern Ölförderländer sind zu klein. Bleibt also nur Saudi-Arabien. Zwar stammen aus dem Land Terroristen, und ein Teil der reichen Oberschicht dürfte auch die Terrormiliz IS finanziell unterstützen. Aber mit dem saudischen Königshaus pflegt Washington seit Jahrzehnten enge Kontakte – man kennt sich.