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WEF 2014 «Der Spirit von Davos zeigt sich, wenn die PR-Leute schweigen»

Fast 33 Stunden sendet SRF in den kommenden Tagen live aus Davos. Reto Lipp wird zusammen mit Stephan Klapproth versuchen, wieder viele spannende Interviewgäste vor die Kamera zu locken. Im Interview erzählt er, wie schwierig der WEF-Einsatz zu planen ist und wo der Reiz des Davoser Forums liegt.

SRF News Online: Reto Lipp, am Mittwoch startet das 45. World Economic Forum in Davos. Die Organisatoren melden mehr als 2500 Teilnehmer. Warum stösst das Treffen auf solch grossen Zuspruch?

Klaus Schwab ist vermutlich der brillanteste Marketing-Stratege der Schweiz. Er hat gerade die Preise für die Firmen, die am WEF dabei sein wollen, um satte 20 Prozent erhöht. Wenn etwas teurer wird, sollte es gemäss Wirtschaftstheorie eigentlich weniger nachgefragt werden. Das Gegenteil ist hier der Fall: Der Preis steigt massiv, und es wollen noch mehr dabei sein. In dieser Höhenluft spielt der Preis offenbar keine Rolle, denn das WEF hat sich als derart unverzichtbar in der Wirtschaftsagenda der internationalen Top-Shots etabliert, dass immer mehr dabei sein wollen. Vor allem Manager aus Schwellenländern wie China und Indien drängen vermehrt nach Davos, sie wollen endlich auch so wichtig genommen werden wie europäische oder amerikanische Manager.

Das Thema in diesem Jahr lautet «The New Global Context». Erklären Sie es uns.

Das WEF in Davos

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Schweizer Radio und Fernsehen begleitet das 45. Weltwirtschaftsforum in Radio, TV und online. Seien Sie bei spannenden Gesprächsrunden dabei, hören Sie, was WEF-Gäste im Interview zu sagen haben und lesen Sie, was sonst noch in Davos passiert. Mehr.

Wir leben – so sieht es jedenfalls WEF-Gründer Klaus Schwab – in einer neuen Welt. Er sagt, Kapitalismus war gestern, heute leben wir im Talentismus. Oder mit anderen Worten: Kapital gibt es auf dieser Welt genug, die Nationalbanken überschwemmen die Märkte derzeit geradezu mit Geld. Was es nicht genug gibt, sind Talent, Ideen, Innovationen. Nur diese Eigenschaften bringen uns in der neuen Welt weiter. Das ist eben der neue Zusammenhang, der neue Kontext. Man kann auch sagen Know-how (oder «human capital») ist heute weitaus wichtiger als ein grosser Maschinenpark oder ein repräsentativer Hauptsitz.

Die Schweizerische Nationalbank hat mit der Abschaffung des Mindestkurses für einen Paukenschlag gesorgt. Wie sehr, schätzen Sie, wird dieses Thema das WEF dominieren?

Es wird sicher am Rande eine Rolle spielen. Viele ausländische Gäste, die mit der Politik der Schweizer Nationalbank wenig vertraut sind, werden sich vor Ort informieren wollen, was da passiert ist. Andererseits muss man schon sehen: Der Franken ist eine Mini-Währung und bestimmt sicher nicht den weiteren Verlauf der globalen Finanzmärkte. Als Symbol allerdings war die Abschaffung stark: Die Schweiz setzt jetzt wieder auf flexible Wechselkurse. Planwirtschaft war gestern.

Mehr als 40 Regierungschefs werden in Davos sein. Welche unter ihnen wollen Sie gerne interviewen?

Natürlich würden wir bei «WEF live» gerne die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, den französischen Staatspräsidenten François Hollande oder den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi begrüssen. Im Weiteren haben sich der ägyptische Präsident Abd al-Fattah as-Sisi, der irakische Premierminister Haider al-Abadi oder der ukrainische Präsident Petro Poroschenko angesagt. Mein Kollege Stefan Klapproth wird versuchen, möglichst viele Politiker vors Mikrofon zu bringen. Klaus Schwab hat es wieder einmal geschafft, sehr prominente Namen aus der Politik nach Davos einzuladen.

Und welche dieser Wünsche werden voraussichtlich in Erfüllung gehen?

Es wird nicht einfach sein. Diese Top-Shots aus der Politik sind eben immer nur sehr kurz da. Sie fliegen rein – und schwupps, sind sie schon wieder weg. Sie geben auch meistens keine Einzelinterviews, sondern veranstalten kleine Pressekonferenzen oder lassen sich von einer Gruppe von Journalisten interviewen – das alles, um Zeit zu sparen. Bei WEF live machen wir sehr intensive und lange Einzelinterviews, damit man die Gesprächspartner besser kennenlernt und sich auch einen Eindruck von ihnen verschaffen kann. Zudem muss auch gesagt sein: Sehr oft sind die Politiker nicht die interessantesten Gäste in Davos. Die spulen oft einfach ein PR-Programm ab. Ich freue mich auf interessante Wissenschaftler, wenig bekannte Unternehmer und spannende Social Entrepreneurs.

Welche Gesprächspartner haben Sie schon?

Novartis-Chef Joe Jimenez, Zürich-Chef Martin Senn, CS-Präsident Urs Rohner, Wirtschaftsnobelpreisträger Christopher Pissaridis – und hoffentlich auch SNB-Präsident Thomas Jordan. Alles andere ist im Fluss. Das ist der Fluch und Segen von Davos. Man kann fast nichts planen, Improvisation und viel Interview-Erfahrung ist gefragt. Die Kommunikationsabteilungen lehnen Interviews im Vorfeld des WEF oft ab. «Unser Chef ist so beschäftigt, er hat keine Zeit», heisst es da. Hat man aber dann den entsprechenden Chef im Kongresszentrum mal leibhaftig vor sich, kann man ihn in der Regel sehr schnell überreden, bei einem Gespräch mitzumachen. Gelegentlich wird die Frage gestellt, was der Spirit von Davos sei? Meine Antwort: Der Spirit entwickelt sich dann, wenn PR-Abteilungen mal für kurze Momente schweigen.

«ECO» hat diese Woche ein Jugendprojekt mit dem Namen «Mint» lanciert. Worum geht es und was läuft in Davos?

Mit «Mint» wollen wir gezielt Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren ansprechen. Wir wollen ihnen die Türen zur Wirtschaft öffnen. Die Klasse eines Davoser Gymnasiums etwa wird auf UBS-Chef Sergio Ermotti treffen. Für einmal stelle nicht ich die Fragen. Die Schüler können den UBS-Chef live erleben und ihn fragen, was sie interessiert. Die Videos zu diesem Treffen finden sich voraussichtlich am Freitag auf www.srf.ch/mint.

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