Die wichtigste Ressource der Schweiz ist die Bildung. Entsprechend viel müsste auch künftig in Bildung investiert werden. Die Realität, am Anfang der so genannten vierten industriellen Revolution, sieht derzeit aber anders aus: Bereits in den letzten drei Jahren wurde in den Kantonen bei der Bildung kräftig gespart. Für die kommenden Jahre wurden weitere Sparprogramme angekündigt. Schreitet die Schweiz also in die falsche Richtung?
Jeder Franken, der in Ausbildung investiert wird, zahlt sich aus.
Nicht unbedingt, sagt Rolf Dörig, Verwaltungsratspräsident von Swiss Life und Adecco, in der «Samstagsrundschau». Dörig findet, sparen könnten die Kantone auch anders: «Um global wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten wir jene Berufsgattungen ausbilden und anbieten, welche die Schweiz auch in den nächsten zehn bis 20 Jahren noch braucht.» Stattdessen müssten Berufe verknappt werden, die für die Zukunft weniger erfolgsversprechend seien.
Wenn also der Arbeitsmarkt bestimmt, welche Berufe junge Menschen lernen sollen, könnte man auch von einem Zwang sprechen. Dörig ist mit dieser These nicht einverstanden. Stattdessen plädiert er dafür, jungen Menschen beizubringen, woher der Erfolg der Schweiz gekommen ist.
Aus der Sicht Dörigs durch die Leistungsbereitschaft der Schweizer Männer: «Unser Erfolg kommt daher, weil unsere Väter und Grossväter zuvor die Ärmel hochgekrempelt hatten. Und weil wir heute gut ausgebildet sind.» Junge Menschen müssten deshalb heute ebenfalls leistungsbereit sein, so Dörig. «Wir sind keine Gesellschaft, die ein Wunschkonzert anbieten kann, in der jeder machen kann, was er will.»
Wir müssen den Jungen bewusst machen: Ohne Leistung und Arbeit wird die hohe Lebensqualität bald vorbei sein.
Am Weltwirtschaftsforum in Davos war das prägende Thema die vierte Industrialisierung: Es wurden Szenarien gemalt, dass erstmals Jobs der Mittelschicht ganz durch Computer oder Roboter ersetzt werden könnten. Eine Vision, die vielen Menschen Angst machen könnte.
Der Arbeitsmarktspezialist Dörig teilt diese «pessimistische und übertriebene Krisenstimmung» nicht. «Die Schweiz ist aus den vorherigen drei industriellen Revolutionen als Gewinnerin herausgegangen. Und auch im Vergleich zu den weltweiten Analysen steht klar: Die Schweiz ist eines jener Länder, die für die Automation, die Digitalisierung, die Roboterisierung top positioniert ist.»
Doch bleibt dies auch in Zukunft so? Für Dörig ist klar: «Wenn die Menschen bereit sind, sich anzupassen.» Denn die Technologie werde uns produktiver machen, Wachstum und Arbeitsplätze schaffen. «Die grosse Herausforderung ist vielmehr, ob wir bereit sind, uns umzuschulen.» Denn noch sei man sich in der Schweiz gewohnt, in Berufen zu arbeiten, die es dereinst nicht mehr geben werde.
Wer bereit ist, Leistung zu erbringen, wird immer einen Job finden.
Es muss aus der Sicht Dörigs also noch einiges getan werden. Doch wer muss punkto Bildung aufs Gaspedal drücken? Die Unternehmen oder der Staat? «Ganz klar die Unternehmen», so Dörig. «Der Staat muss die Rahmenbedingungen schaffen, indem er den Unternehmen möglichst viel Flexibilität gibt und entsprechendes Kapital für Bildung und Innovation zur Verfügung stellt.»